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CITY Lights: Höflich? Selber schuld!

In der Brüderle-Debatte ist heftig darüber debattiert worden, wie mit Sexismus umzugehen sei, besonders am Arbeitsplatz. Wo hört der Scherz auf, wo beginnt die Beleidigung?

In der Brüderle-Debatte ist heftig darüber debattiert worden, wie mit Sexismus umzugehen sei, besonders am Arbeitsplatz. Wo hört der Scherz auf, wo beginnt die Beleidigung? Auch im Kino stellt sich diese Frage manchmal. Soll man frauenfeindliche Filme boykottieren oder darf man über sie lachen? Mitchell Leisens Lady in the Dark (1944) ist ein Klassiker des frauenfeindlichen Films, doch als er das letzte Mal in Berlin gezeigt wurde, hat sich das weibliche Publikum amüsiert. Diese Reaktion dürfte sich am Sonntag im Arsenal wiederholen. Ginger Rogers verkörpert die Chefredakteurin eines Modemagazins, die wegen ihrer Kopfschmerzen einen Psychotherapeuten aufsucht. Der findet heraus, was sie traumatisiert hat: Sie ist mal wegen einer attraktiveren Rivalin verlassen worden, seitdem stürzt sie sich ins Berufsleben und trägt nur noch Anzüge. Geheilt wird sie durch einen Angestellten, der permanent ihre Autorität anzweifelt. In einer lustig gemeinten Szene zieht er ihr den Chefsessel weg, und sie fällt hin. Das wäre ein Ärgernis, könnte man den Film ernst nehmen. Aber wie nur – in einem Film, in dem Frauen am Arbeitsplatz ihre Hüte aufbehalten, und das alles in geschmacklosen Technicolor-Farben? Fans von Kurt Weill seien vorgewarnt: Sein Broadway-Musical diente als Vorlage, aber fast alle Songs wurden gestrichen. Den Hollywood-Produzenten schienen sie zu intellektuell.

Filme mit progressivem Frauenbild gab es schon in den Kindertagen des Mediums, manchmal haben sogar Frauen Regie geführt. Aber ein offen feministischer Film entstand erst 1968. Mit einer Drehbuchprämie des Kuratoriums Junger Deutscher Film realisierte Ula Stöckl ihr Debüt Neun Leben hat die Katze, worin sie auf essayistische Weise fünf Frauen porträtiert (Montag im Arsenal). Die Regisseurin, die im Februar ihren 75. Geburtstag feierte, wird persönlich erscheinen und vielleicht erklären können, warum es für diese Art Film heute kaum mehr Fördergelder gäbe.

Slatan Dudows Kuhle Wampe (1932) ist als einziger kommunistischer Spielfilm der Weimarer Republik in die Geschichte eingegangen, wegen der Mitwirkung von Brecht und Eisler, und weil Ernst Busch „Vorwärts, und nicht vergessen“ singt (Freitag und Dienstag im Zeughauskino). Eine bewusste Frauenpolitik ist nicht erkennbar, da allein die Klassenfrage zählt. Interessant immerhin, dass die jungen Frauen in der Parteizentrale einen Schlips zum weißen Hemd tragen, was sie den Männern ähnlicher macht. Das kann man als bieder empfinden, aber den Darstellerinnen sind auch kesse Sprüche vergönnt, etwa Hertha Thiele, die auf den Satz „Mit Unhöflichkeit bekommt man keine Arbeit“ trocken antwortet: „Und mit Höflichkeit auch nicht.“

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