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CITY Lights: Komm auf die Schaukel, Luise

Wenn es einen weiblichen Heinz Rühmann gegeben hat, dann war das Luise Ullrich, der das Zeughauskino zum 100. Geburtstag eine Hommage widmet.

Wenn es einen weiblichen Heinz Rühmann gegeben hat, dann war das Luise Ullrich, der das Zeughauskino zum 100. Geburtstag eine Hommage widmet. Weder eine Schönheit noch ein hässliches Entlein, weder vornehm noch ordinär, verkörperte sie die deutsche Durchschnittsfrau. Aufgrund der Abgeklärtheit, brauchte sie keine Angst vor dem Älterwerden zu haben: So richtig jung wirkte sie nie. Dass die gebürtige Wienerin sich weder regional noch sozial festlegen ließ, erhöhte ihre Popularität. Die lange Liste ihrer berühmten Regisseure beginnt mit Max Ophüls und endet mit Rainer Werner Fassbinder.

Die Arthur-Schnitzler-Adaption Liebelei (am heutigen Donnerstag) ist 1933 in Berlin uraufgeführt worden, als Ophüls längst zur Flucht aus Deutschland entschlossen war. Unter seiner Regie bildete die burschikose Ullrich mit der zarten Magda Schneider ein interessantes Gegensatzpaar. Vierzig Jahre später, in seiner fünfteiligen TV-Miniserie Acht Stunden sind kein Tag, verband Fassbinder eine Hommage an Ullrich mit einer Hommage an Ophüls, indem er die Seniorin vor einen Fernseher setzte, der „Liebelei“ ausstrahlt. Fassbinder musste hart um seine Darstellerin kämpfen. Mit einer für ihn ungewohnt gepflegten Erscheinung gewann er sie für sein Projekt, eine fast 500-minütige Familiengeschichte aus dem Ruhrpott (Sonnabend bis Montag).

Ein Genre für sich sind Filme über peinliche Mütter, für die sich die Kinder schämen müssen. In Wolfgang Liebeneiners Yvette (1938), nach einer Novelle von Guy de Maupassant, kommt eine junge Frau direkt aus der Klosterschule, um zu erfahren, dass ihre Mutter eine Lebedame ist (Mittwoch in den Eva-Lichtspiele).

Der unübertroffene Klassiker über peinliche Mütter ist Douglas Sirks Imitation of Life (1959), in dem gleich zwei Töchter leiden und sich schämen (Freitag u. Sonntag im Arsenal). Die eine – weiße – Mutter ist Schauspielerin und hat nie Zeit für ihre Tochter. Die andere – schwarze – Mutter ist eine Seele von Mensch. Da ihre Tochter aufgrund ihrer hellen Haut als Weiße durchgehen will, ergeben sich herzzerreißende Konflikte. Sirk entwickelt keine Utopie. Seine Protagonistinnen sind ganz normale Feiglinge, die sich den Verhältnissen beugen. Das ist nicht aufbauend. Aber es ist wahrhaftig und zeitlos.

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