zum Hauptinhalt

CITY Lights: Küssen, schlagen, versöhnen

Fleißige Filmstudenten und andere Liebhaber europäischer Filmkunst der sechziger Jahre werden im Lichtblick-Kino regelmäßig mit Antonioni-, Godard- oder Resnais-Reihen bedient. Nachdem gestern Fellini verabschiedet wurde, steht heute der erste Truffaut am Start (Tirez sur le pianist, auch am Montag).

Fleißige Filmstudenten und andere Liebhaber europäischer Filmkunst der sechziger Jahre werden im Lichtblick-Kino regelmäßig mit Antonioni-, Godard- oder Resnais-Reihen bedient. Nachdem gestern Fellini verabschiedet wurde, steht heute der erste Truffaut am Start (Tirez sur le pianist, auch am Montag). Doch der Lieblingsfilm der Stadterleuchterin – die sich hiermit erstmals als ehemalige Schulschwänzerin outet – ist seit vielen Jahren Les quatre cents coups, der erste Film François Truffauts mit seinem Lieblingsdarsteller Jean-Pierre Léaud und vielleicht der schönste Film (dt. Titel: „Sie küssten und sie schlugen ihn“) über das Ende des Kindseins überhaupt. Beim Wiedersehen betören auch die atmosphärischen in poetischem Breitwand-Schwarzgrauweiß aufgezeichneten Straßenbilder aus dem wintermelancholischen Paris der Endfünfziger. Die haben heute fast dokumentarischen Charakter und wurden offensichtlich nebenbei im allgemeinen Gewimmel abgedreht. Darauf deuten jedenfalls die oft interessiert Kamera oder Darstellern zugewandten Blicke der Passanten hin. Der Film endet mit einer Flucht, frei, aber in jede Richtung offen, auch am fast offenen Meer, am Strand.

Ausgerechnet unter dem Motto Wassermusik kommt am Sonntag ins Haus der Kulturen der Welt ein Film, in dem nur die blauen Gala-Uniformen der Helden entfernt ans feuchte Nass gemahnen, doch auch die sind eher himmel- als ozeanblau. Die Wüste ist dieses Jahr Thema der Wassermusik. Die Band von Nebenan erzählt von einer ägyptischen Polizeikapelle, die in einem Kaff der israelischen Negev strandet und von einer einsatzbereiten Wirtin und ein paar Gästen durch die Nacht gebracht wird. Der israelische Regisseur Eran Kolirin inszeniert seine handlungsarme Tragikomödie zurückhaltend bis statisch. Am schönsten sind die fast tatiesken anfänglichen Kameratotalen der Truppe mit ihren Instrumentenkoffern im öden Land. Neben der Musik sind traditionelle Geschlechterklischees, die beiderseits der Grenze gleich hoch im Kurs stehen, förderlich für die selbstverständlich gelingende Völkerverständigung .

Zuletzt noch ein ungeprüfter Filmtipp aus einem anderen brisanten Grenzgebiet: Der Chinaclub in Friedenau zeigt am morgigen Freitag mit Shi Wenzhis Cross the River and Explore einen seltenen und – so heißt es – ungewöhnlich unideologischen chinesischen Tibet-Film über ein gefährliches Straßenbauprojekt aus dem China der Fünfziger.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false