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CITY Lights: Nonnen im Harem!

Gute Nachricht für alle, die darüber klagten, dass die jüngste Berlinale den großartig restaurierten Farbfilm „The Life and Death of Colonel Blimp“ (1943) nur ein einziges Mal zeigte: Das Arsenal ehrt Michael Powell und Emeric Pressburger, die Regisseure des 163-Minuten-Epos, jetzt mit einer ganzen Werkschau. Wiederholt dabei ist Deborah Kerr, die in „Blimp“ drei Rollen spielt, darunter eine Nonne (7.

Gute Nachricht für alle, die darüber klagten, dass die jüngste Berlinale den großartig restaurierten Farbfilm „The Life and Death of Colonel Blimp“ (1943) nur ein einziges Mal zeigte: Das Arsenal ehrt Michael Powell und Emeric Pressburger, die Regisseure des 163-Minuten-Epos, jetzt mit einer ganzen Werkschau. Wiederholt dabei ist Deborah Kerr, die in „Blimp“ drei Rollen spielt, darunter eine Nonne (7.4., 22.4.). Deren Tracht zog sie sich 1946 ein weiteres Mal über. Schwarze Narzisse (Sonntag) handelt von britischen Nonnen, die auf dem Himalaja ein Kloster errichten. Zu spät erfahren sie, dass dieses Gebäude vorher als Harem genutzt wurde – ein paar erotische Wandzeichnungen sind übrig geblieben. Eine der Nonnen dreht völlig durch: Sie fährt sich in einer extremen Nahaufnahme mit dem Rotstift über die Lippen, wirft sich dem erstbesten Mann an den Hals und versucht aus Eifersucht, Deborah Kerr vom Glockenturm zu stoßen. Dieser Prototyp aller Nonnen-Trashfilme ist wie so vieles aus dem Powell/Pressburger-Werk ein Hybrid: grelle Kolportage und ernsthafte psychologische Studie zugleich.

Die westdeutschen Kirchen haben den Film damals so ernst genommen, dass sie zum Boykott aufriefen. Eine leisere Provokation, gefolgt von einem ebenso leisen Boykott, gelang dem Defa-Regisseur Ulrich Weiß mit seinem Widerstandsdrama Dein unbekannter Bruder. 1982 sollte der Film (bis Mittwoch in der Brotfabrik) die DDR in Cannes vertreten, doch die Kulturfunktionäre bewirkten eine Exportsperre. Weiß hatte die 1935 spielende Vorlage von Willi Bredel leicht abgeändert und aus einem Nazi, der in die illegale KPD eingeschleust wird, einen abtrünnigen Kommunisten gemacht. So etwas durfte es nicht geben. Zudem ging es um Bespitzelung – ein totales Tabuthema im Spitzelstaat.

Eine ganze Generation von Filmemachern wird im Zeughauskino rehabilitiert. Es handelt sich um Männer wie Bernhard Wicki und Will Tremper, die sich um 1960 von der Altbranche distanzierten, um dann von den Unterzeichnern des Oberhausener Manifests selbst zur Altbranche gezählt zu werden. Am Sonntag ist Trempers Flucht nach Berlin zu sehen, der kurz vor dem Mauerbau entstand und den Mut besaß, gegen Ost und West auszuteilen. Mit drei Filmen ist Mario Adorf vertreten, der in Georg Tresslers mitreißender B.-Traven-Adaption Das Totenschiff (Dienstag) einen Heizer spielt. Die im positiven Sinne revisionistische Reihe heißt „Papas Kino?“ und endet am 1. Mai.

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