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CITY Lights: Pasta und basta

Filmpreise gehen selten an Komödien. Sogar bei Leserumfragen siegt die schwere Kost.

Filmpreise gehen selten an Komödien. Sogar bei Leserumfragen siegt die schwere Kost. Ausnahmen bestätigen die Regel: Oscar-Sieger wie „Alles über Eva“, „Das Apartment“ und „Der Stadtneurotiker“ oder Gewinner des Deutschen Filmpreises wie „Schtonk!“ und „Alles auf Zucker!“ sind Komödien mit Tiefgang. Das gilt auch für Es geschah in einer Nacht, den Oscar-Abräumer von 1934 (Freitag und Sonnabend im Filmkunst 66). Der Film selbst, sein Regisseur Frank Capra, die Hauptdarsteller Clark Gable und Claudette Colbert sowie das Drehbuch wurden ausgezeichnet. Noch heute amüsiert man sich prächtig. Eine verwöhnte Millionärstochter und ein arroganter Reporter waren in der Weltwirtschaftskrise nicht gerade Sympathieträger, aber das Mädchen, das aus Protest gegen den Vater von zu Hause wegläuft, ist gerade mittellos, und der Reporter verliert seine Arbeit. Um ihre Story zu vermarkten, muss er sie erst einmal kennenlernen.

Capra nutzte die Geschichte, um sein Publikum mit sozialem Elend zu konfrontieren. Das Paar wider Willen ist per Anhalter unterwegs, sucht bei Regen Zuflucht in einer Scheune, hat Hunger und begegnet Leidensgenossen. Die soziale Genauigkeit entstand aus einer Notlage: Columbia war noch ein armes Studio, für üppige Dekorationen fehlte das Geld, also filmte man auf der Straße und in einfachen Wohnsiedlungen. In der stärksten Szene übernachten Gable und Colbert in einer Laube, spannen eine Leine durchs Zimmer und hängen eine Decke darüber, damit die Intimsphäre gewahrt bleibt. Doch die improvisierte Trennwand erhöht die Erotik erst recht.

Das Elend in „Es geschah in einer Nacht“ ist für Hollywood-Verhältnisse mutig dargestellt, aber es geht bei Weitem nicht so unter die Haut wie der Schrecken, den Roberto Rossellini im August 1947 im zerbombten Berlin eingefangen hat. In Deutschland im Jahre Null (Sonnabend im Zeughauskino) gibt es keinen Funken Hoffnung. Der zwölfjährige Edmund fühlt sich von seiner Familie im Stich gelassen. Der Lehrer, der sich um ihn kümmert, wurde von Rossellini etwas übercodiert: Er ist Nazi, Nietzsche-Leser, pädophil und reich, da die Amerikaner gern mit ihm Geschäfte machen. Immerhin eine amüsante Entstehungsgeschichte hat der todtraurige Film: Weil Rossellini die Innenaufnahmen in Cinecittà drehen wollte, wurden die deutschen Schauspieler nach Rom gebracht. Dort verschlangen sie reichlich Pasta mit Olivenöl und nahmen abrupt zu, vor allem im Gesicht – was zu allerlei Anschlussfehlern führte.

Den deutsch-italienischen Filmbeziehungen ist im Zeughauskino die Reihe Cinema Transalpino gewidmet. Eine Wiederentdeckung hat Ottomar Domnicks Gino (1960) verdient, der wohl erste Film mit einem Gastarbeiter als Helden (Sonntag). Deutsch-italienisch geht es auch in einer neuen Vampirinnen-Reihe des Babylon Mitte zu. Die Blutsaugerin aus Jess Francos Entfesselte Begierde (Montag) nennt sich Irina von Karlstein. Von dem Film, als dessen Produktionsjahr 1973 bis 1978 kursieren, gibt es verschiedene Versionen, darunter eine Hardcore-Fassung für den deutschen Markt. Trashig wird die Veranstaltung auf jeden Fall, dafür sorgen die vielen Zooms, die Franco wie ein Kinderspielzeug eingesetzt hat, und die herrlich nervige Musik.

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