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CITY Lights: Schweigen ist Blech

Sein verletzliches Gesicht war im eher kernigen deutschsprachigen Film der Nachkriegszeit einzigartig, seine weiche und dezent wienerisch geprägte Stimme auch. Am Dienstag wäre der 1984 früh (und genau zwei Tage nach François Truffaut) verstorbene Schauspieler Oskar Werner neunzig Jahre alt geworden, geehrt wird er in Berlin am Sonntag mit einer vom Fanzine „Spirit“ und der Astor Film Lounge veranstalteten Matinee (Einführung Marc Hairapetian).

Sein verletzliches Gesicht war im eher kernigen deutschsprachigen Film der Nachkriegszeit einzigartig, seine weiche und dezent wienerisch geprägte Stimme auch. Am Dienstag wäre der 1984 früh (und genau zwei Tage nach François Truffaut) verstorbene Schauspieler Oskar Werner neunzig Jahre alt geworden, geehrt wird er in Berlin am Sonntag mit einer vom Fanzine „Spirit“ und der Astor Film Lounge veranstalteten Matinee (Einführung Marc Hairapetian). Zur Vorführung kommt zu diesem Anlass eine tatsächlich ganz und gar echte 35-mm-Kopie von Fahrenheit 451, Truffauts erstem Technicolor-Farbfilm und – nach „Jules und Jim“ – 1966 die zweite Zusammenarbeit des Regisseurs mit dem Schauspieler: Leider auch die letzte, denn das Verhältnis der beiden seit dem ersten gemeinsamen Dreh miteinander befreundeten Künstler ging über divergierenden Interpretationen von Werners Rolle als Feuerwehrmann Montag in die Brüche. Inhaltlich verblüfft das frei an den gleichnamigen Roman von Ray Bradbury angelehnte Science-Fiction-Stück aus einer zwangshedonistischen Gesellschaft durch die Schärfe, mit der der Autor schon 1953 die innige Beziehung von medialer Verblödung und Konsumismus voraussah: Schlechte Gefühle und Bücher sind verboten, Bildschirme überall Pflicht.

Auch das Wort „Krieg“ darf in Bradbury-Truffauts Dystopia-Land nicht erwähnt werden, obwohl die Männer längst in einem solchen sterben. Ähnliches Schweigen herrschte Jahrzehnte um einen der dunkelsten Momente in der Geschichte von Truffauts Heimatland: Das Massaker der Pariser Polizei vom 17. Oktober 1961 an algerischen Demonstranten – Polizeipräfekt war damals der ehemalige Nazi-Kollaborateur Maurice Papon, der erst 1998 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt wurde – hatte nach heutiger Einschätzung bis zu 300 (meist männliche) Opfer, die zu Tode geprügelt oder halb tot in die Seine geworfen wurden. Damals wurden zwei oder drei Tote zugegeben, ein schon 1962 realisierter Film („Octobre à Paris“, Regie: Jacques Panijel) sofort verboten. Nach einigen anderen rollte 2011 die französische Regisseurin Yasmina Adi die Ereignisse noch einmal auf und förderte für Ici on noie les Algériens (Hier ertränkt man die Algerier) viele bisher unbekannte Dokumente zutage, die sie mit den erzählten Erinnerungen damals Beteiligter und ihrer Witwen ergänzt. Die eindrückliche Trauerarbeit ist Sonntagnachmittag im Arsenal im Rahmen der Reihe „Afrikamera“ zu sehen, die sich den „Frauen auf und hinter der Leinwand“ widmet. Spannend dürfte auch ein Podiumsgespräch mit Filmemacherinnen am Sonnabend sein – mit Gästen aus Burkina Faso, Ghana, Großbritannien, Guyana, Mosambik, Nigeria und den USA.

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