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Feuerwerk erleuchtet den Himmel über dem Konzerthaus beim 25. Classic Open Air auf dem Gendarmenmarkt in Berlin.

© Rainer Jensen/dpa

„Classic Open Air“ auf dem Gendarmenmarkt: Meine lieben Schwäne

Ein Vierteljahrhundert „Classic Open Air“ auf dem Gendarmenmarkt. Zugleich ist es die Geschichte einer Ost-West-Freundschaft.

Als um 22.45 Uhr das Feuerwerk losgeht, virtuos synchronisiert mit den Klängen von Edward Elgars 1. „Pomp and Circumstance“-Marsch, liegt die Temperatur immer noch deutlich über 20 Grad. Milder, südländischer kann man sich einen Sommerabend auf dem Gendarmenmarkt nicht wünschen. Lediglich das Programm, mit dem am Donnerstag die Feierlichkeiten zu 25 Jahren „Classic Open Air“ starten, erinnert an Aprilwetter: mal Regen und mal Sonnenschein, dann schneit es wieder zwischendrein.

Alle Genres, die zur Unterhaltung musikbegeisterter Massen taugen, werden aufgeboten: Schlager, Klassik, Pop, Jazz, Ballett, Operette, Märsche, Chansons, Soundtracks. So mögen es Gerhard Kämpfe und Mario Hempel, die Erfinder des Spektakels, ebenso ihre Stammgäste, die optisch gleichfalls einen wilden Mix ergeben. Und – laut Veranstalterstatistik – während der Saison traditionelle Hochkulturtempel selten oder nie besuchen.

„Classic Open Air“ ist nicht nur der Beweis, dass eine friedliche Koexistenz von E und U möglich ist, sondern auch die rührende Geschichte einer Ost-West-Freundschaft. Aus unterschiedlichsten Ecken kommend, lernten sich Hempel und Kämpfe kurz nach der Wende kennen, im Friedrichstadtpalast. 1992 schickten sie das Prinzip Revue auf die Straße hinaus, auf Berlins schönste Piazza.

Ein wenig ruckelig startet die „First Night“, während des Gassenhauer-Medleys funktioniert die Tonanlage noch nicht richtig, den Johann-Strauß-Nummern fehlt nach der Absage von Eva Lind die Primadonna. Stimmungsvoll wird es erst, als Trompeter Till Brönner die Bühne betritt: Sein Sundowner-Sound passt hier perfekt, bei den coolen Arrangements von Pharell Williams’ „Happy“ und dem Evergreen „Für eine Nacht voller Seligkeit“ kann auch das von Robert Reimer geleitete Filmorchester Babelsberg seine Kompetenz ausspielen.

Nahtlos wird zur Oper rübergezappt, Katarzyna Dondalska und Anna Goryachova bieten ungetrübtes Belcanto-Koloratur-Vergnügen, mit exquisiten Arien für die Liebhaber und Kenner von Bellini, Delibes und Rossini, denen erst am Ende zwei Hits zum Wiedererkennen folgen, aus „Carmen“ und „Traviata“.

Zum blau-rosa marmorierten Himmel passt nach der Pause der klangprächtige „Mission Impossible“-Einstieg, mit markigen Sprüchen garniert Klavierclown Joja Wendt seine Klassikerverhackstückungen – und lockt dann das Schwänlein-Quartett aus der Kulisse, vier herzallerliebst tänzelnde Tütümädchen von der Staatlichen Ballettschule. Auf Tschaikowsky reimt sich bei „Classic Open Air“ Jacques Brel, dargeboten von Klaus Hoffmann. Ute Lemper präsentiert Piaf-Chansons, grotesk musicalmäßig überzeichnet, während Chris de Burgh einfach nur zum Knuddeln ist, wie er da auf und ab hüpft, die Stimmung anheizt und mit einer von der Zeit gezeichneten Stimme seine „Lady in Red“ anschmachtet. 1986 hat er den Song herausgebracht, sechs Jahre vor der Erfindung von „Classic Open Air“ (bis 25. 7.).

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