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„Malasangre“ von Gaetano Soto ist eine Hommage an die kubanische Sängerin La Lupe.

© Regina Brocke

"Classy Classics" im Haus der Berliner Festspiele: Ironische Paare – starkes Kollektiv

Eric Gauthier, künstlerischer Leiter von Gauthier Dance, setzt auf stilistische Vielfalt und wird international gefeiert. Jetzt kommt er nach Berlin

Mit Marco Goeckes Choreografie „Nijinski“ gab Gauthier Dance, die Tanzcompany des Theaterhaus Stuttgart, Anfang 2018 ihre Visitenkarte in Berlin ab. Im Frühjahr kehrte die Truppe mit dem Programm „Mega Israel“ ins Haus der Berliner Festspiele zurück und wurde erneut begeistert gefeiert. Eric Gauthier, der künstlerische Leiter von Gauthier Dance, hat es geschafft, das Hauptstadtpublikum im Sturm zu erobern.

Sein Versprechen, bald wiederzukommen, macht er nun wahr. Das Programm „Classy Classics“, mit dem Gauthier Dance in diesem Jahr das Tanzfestivals „Colours“ in Stuttgart eröffneten, ist Mitte Januar auch in Berlin zu sehen. Und da der Publikumsandrang beim letzten Berlin-Gastspiel so groß war, tritt die Company diesmal sogar an fünf Tagen im Haus der Berliner Festspiele auf. „Mir ist wichtig, den Tänzern mit jeder Produktion eine neue Herausforderung durch den Wechsel von Tanzstilen zu bieten “, erklärt Gauthier während einer Pause bei den Umbesetzungsproben. Die Company hat einen so exzellenten Ruf, dass ihr selbst berühmte Choreografen wie William Forsythe oder Ohad Naharin ihre Stücke überlassen. Den Tänzern gelingt es, sich die ganz unterschiedlichen Stile anzueignen. Davon kann man sich jetzt wieder in „Classy Classics“ überzeugen. Das Programm mit dem augenzwinkernd ironischen Titel umfasst zwei Lieblingsstücke aus dem Repertoire von Gauthier Dance.

Spitzentanz und und Ironie verbindet William Forythe.
Spitzentanz und und Ironie verbindet William Forythe.

© Regina Brocke

„Malasangre“ von Gaetano Soto ist eine Hommage an die kubanische Sängerin La Lupe. Die Queen of Latin Soul war eine exzentrische Künstlerpersönlichkeit, die oftmals aneckte. In seiner mitreißenden Choreografie kontrastiert Soto erotische Revuetänze mit eckigen und schrägen Bewegungen. Die schwarzen Schmetterlinge, die die Tänzer mit ihren Bewegungen aufwirbeln, stehen für die dunklen Seiten der Diva.

Sein Stück „Orchestra of Wolves“ schuf Eric Gauthier vor zehn Jahren. Er liebe die Musik Beethovens, habe jedoch immer gezögert, eine Choreografie zu dessen Kompositionen zu entwickeln. Als ihm ein befreundeter Komponist von einer Probe erzählte, bei der ihm die Musiker wie ein Rudel Wölfe erschienen, kam Eric Gauthier die Idee zu seinem Stück. Dem Maestro gelingt es anfangs noch, seine Musiker bei der Stange zu halten, doch am Ende muss er ganz schön Federn lassen. „Es ist auch ein bisschen Comedy“, sagt der Choreograf über sein Werk . Ergänzt werden die beiden Stücke durch ikonische Werke von William Forsythe, Marco Goecke und Ohad Naharin.

Marco Goecke hat das Solo „Äffi“ zu drei Songs von Johnny Cash kreiert und entwirft das Porträt eines Mannes, der zwischen Stärke und Verletzlichkeit balanciert. William Forsythes „Herman Schmerman“ ist ein unglaublich virtuoses Duett, zugleich ein wunderbar ironisches Duell zwischen einer Ballerina und ihrem Partner.

Bei dem 50-minütigen „Decadance“ müssen die Tänzer alles geben. Aus Ausschnitten seiner früheren Arbeiten hat der israelische Choreograf Ohad Naharin eine eigene Version für die Stuttgarter zusammengestellt. Energiegeladene Gruppenszenen kombiniert er mit sinnlichen und humorvollen Duetten. Zwischen Ordnung und Chaos changieren dann die abstrakten Tanzszenen, bei denen die Akteure in ständig wechselnden Konfigurationen die Bewegungsmuster durchspielen.

Der Tanzabend „Classy Classics“ zeigt erneut eine große stilistische Bandbreite. Wie er tänzerische Virtuosität mit Sinnlichkeit und einem Quäntchen Komik verbindet – das hat wirklich Klasse.

Sanda Luzina

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