zum Hauptinhalt

Kultur: Cocacolonisation

Die Franzosen und "Coca Cola"Als Coca-Cola 1948 die Regierung in Paris um eine Einfuhrgenehmigung ersuchte, schrien nicht nur die französischen Winzer empört auf.Auch die Intellektuellen in den Bistros von St.

Die Franzosen und "Coca Cola"Als Coca-Cola 1948 die Regierung in Paris um eine Einfuhrgenehmigung ersuchte, schrien nicht nur die französischen Winzer empört auf.Auch die Intellektuellen in den Bistros von St.Germain verwahrten sich gegen die "Cocacolonisation" ihres Landes."Eroberer, die andere Völker geistig unterwerfen wollen", schrieb damals "Le Monde", "attackieren im allgemeinen ihre Sprache, ihre Schulen, ihre Religion.Sie täuschen sich.Der verwundbarste Punkt ist das Nationalgetränk.Der Wein ist Frankreichs ältestes Kulturerbe.Er hat die Nation geeinigt." Unter dem fadenscheinigen Vorwand, das Getränk schade der Volksgesundheit, wurde die Einfuhrgenehmigung verweigert.Es half nichts, daß die Amerikaner darauf hinwiesen, sie seien immerhin gesund genug gewesen, um die Franzosen von den Deutschen zu befreien.Erst 1950 hob die Regierung Bidault das Embargo stillschweigend auf, bat jedoch die Leute aus Atlanta, diskret vorzugehen.Inzwischen ist Coca-Cola in Frankreich - wie überall in der Welt - ein Fixstern am Limonadenhimmel.Kürzlich produzierte die Niederlassung im elsässischen Dünkirchen ihre zehnmilliardenste rote Dose.Der Bürgermeister ließ es sich nicht nehmen, an der Feier teilzunehmen.Er weiß, was er an den transatlantischen Investoren hat.Der Durchschnittsfranzose ist sich da nicht so sicher.Noch heute nimmt er nur ein Drittel der Coca-Cola-Menge zu sich, die sein deutscher Nachbar konsumiert.Doch die Amerikaner ließen sich nicht entmutigen.Sie verlegten den Kampf um die französische Seele auf einen Nebenkriegsschauplatz - den der Orangenlimonaden.Sie übernahmen "Fanta" (20 Prozent des Marktes) und haben soeben die französische Nationallimonade "Orangina" (65 Prozent des Marktes) für fünf Milliarden Francs dazugekauft.Allerdings muß Finanzminister Strauss-Kahn den Kauf noch genehmigen.Die lebhaften Reaktionen der Pariser Presse auf den Handel verraten, daß es hier nicht nur um eine wirtschaftliche Transaktion geht.Erst vor kurzem wetterte Kulturministerin Cathérine Trautmann - nicht zum erstenmal - gegen die Allgegenwart der Amerikaner und plädierte für die Verteidigung der französischen Identität.Monsieur Strauss-Kahn muß nun entscheiden, ob auch Limonaden zur französischen Identität gehören oder nicht. JvU

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false