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Schauspieler Markus Majowski

© dpa

Comedian Markus Majowski: Der Mann, der sich was traut

Markus Majowski hat einiges hinter sich – als Schauspieler, Autor und Mensch. Jetzt spielt er im Theater am Kurfürstendamm.

„Papa, du bist ja manchmal aus dem Mittelalter, aber dann wieder aus der Zukunft.“ Das hört Markus Majowski des Öfteren von seinem 11-jährigen Sohn, und der Sprössling scheint damit genau den Punkt zu treffen. Majowski ist ein gleichzeitig analoger und digitaler Mensch. Konservativ und up to date, so sieht er sich selbst. Der Sohn eines Cellisten der Berliner Philharmoniker liebt alte Schallplatten, VHS-Kassetten, klassische Musik und klassisches Theater, „die schönen Künste“, wie er sagt, „das Schöne, Wahre, Gute. Das kombiniere ich gern mit dem Hippen und Coolen.“

Hip, das sind für ihn die Musikvorlieben und der Tanzstil seines Sohnes und das atemraubende Tennisspiel mit ihm. Außerdem fällt in die Kategorie eine Flugdrohne mit eingebauter Kamera, die Majowski senior und junior im Garten über sich selbst kreisen lassen, während sie Sketche proben, oder das Kinder- und Jugendprogramm, das nach Majowskis Büchern „Modjo und Mütze“ entstanden ist und bei dem sein Sohn ihn am Klavier begleitet. „Meistens stürzt die Drohne dann im Garten ab und ich muss die Propeller wieder reparieren.“

Altmodisch, zumindest auf dem Papier, ist dagegen das Stück, mit dem Markus Majowski jetzt im Theater am Kurfürstendamm auftritt. Es heißt „Der Mann, der sich nicht traut“ und stammt von Curth Flatow, dem 2011 verstorbenen Grandseigneur des Berliner Boulevards. Majowski spielt darin den Standesbeamten Wolfgang Jäger, der die Institution Ehe für „einen morschen Ast am Baum der Gesellschaft hält, der nur deshalb noch nicht abgesägt wurde, weil so viele daran hängen, von der Brautschleiermanufaktur bis zum Porzellanhersteller“.

„Mit einem Schmunzeln den anderen annehmen, wie er ist.“

Majowski beschreibt Jäger als Jacques-Tati- oder Louis-de-Funès-Typen, „immer ein bisschen gehetzt“, seit 2012 steht er in der Rolle schon auf der Bühne, hat sie an Boulevardhäusern in Köln, Hamburg und München gespielt und sich damit „langsam in die Heimat vorgearbeitet“, wie er sagt. Die Komödie stammt von 1973, „aber wir lassen sie in modernem Gewand daherkommen“, versichert Majowski. Er will Flatows Läuterungsgeschichte eines Bindungsmuffels auch nicht als Werbung für die Ehe verstanden wissen. Mehr als Zugeständnis an das, was den Lebensbund ausmache: „Mit einem Schmunzeln den anderen annehmen, wie er ist.“ Insofern sei das Ja-Wort „ein Versprechen vor Gott. Und vor allem vor der Authentizität“.

Gott, das ist ein anderes großes Thema im Leben von Markus Majowski. Schwer einzuordnen in Kategorien von konservativ oder fortschrittlich, analog oder digital, vielleicht einfach: aus der Zeit gefallen. Wie viele Prominente fallen einem schon ein, die sich heute zu Jesus Christus bekennen? Es gibt diese Geschichte aus Kindertagen, die Majowski schon oft erzählt hat, seit 2013 seine Autobiografie „Markus, glaubst Du an den lieben Gott?“ erschienen ist. Der kleine Markus hatte etwas Verbotenes gemacht, woraufhin seine Großmutter, zu der er ein sehr liebevolles Verhältnis hatte, ihn fragte, ob er denn nicht glaube, dass Gott alles sehe. „Ja schon“, sagte der Junge, „aber er petzt nicht.“ Heute sagt Majowski: „Gott hat mir den Arsch gerettet in einem Moment, wo ich keine Hilfe mehr erwartet habe.“

Majowski geht offen mit seiner Drogensucht um

Aus den Boulevardzeitungen schreit einem das so entgegen: „Majowski gesteht Drogenvergangenheit. Mit 15 Marihuana, mit 17 Kokain!“ Alkoholiker war er obendrein. „Ich habe gedacht“, sagt er selbst, „alles ist ein Geschenk, alles kann ich genießen. Das funktioniert aber nicht für Leute, die sich dabei umbringen.“

Majowski geht sehr offen um mit seiner Sucht. So offen, dass er gelegentlich schon gefragt worden ist, was denn sein Sohn davon halte, wenn sich der Vater in Talkshows als trockener Alkoholiker oute. „Es ist mir lieber, dass er damit konfrontiert wird und die richtigen Antworten parat hat, als dass er immer noch einen saufenden Vater hätte“, entgegnet der Schauspieler darauf. Außerdem, gibt er zu bedenken, seien die Zeiten vorbei, in denen man sich als öffentlicher Mensch verstecken konnte. „Man kann heute alles googeln, in allen Bereichen nimmt die Transparenz zu. Und ich finde das gut.“

Was man über einen Menschen weiß, verändert den Blick auf ihn. Das bestreitet Majowski gar nicht. Er merke ja, wie es in der U-Bahn bei einem Boulevardleser im Kopf klicke. Ach, das ist doch der aus den „Dreisten Drei“, dieser Comedy-WG. Lustig. Und Telekom-Werbung hat er gemacht, ist bestimmt reich. Und da war doch was mit Drogen. Hat ja aufgehört. „Dadurch bin ich für die Leute eben nicht der Promi, der sich für den Oberking hält. Sondern ein Mensch auf Augenhöhe“, findet Majowski. Auch das: gut so.

Wobei er dann doch hinzufügt: „Ich bin kein Kandidat fürs ,Dschungelcamp‘. Ich bin schon froh, dass ich ,Let’s Dance‘ überstanden habe“. Diese schweißtreibende Show, in der seine Tanzpartnerin Anastasiya Kravchenko ihm sagte: Markus, in dir steckt ein verborgener Tänzer, man muss deine Statur nur von allem Überflüssigen befreien. „Ich wusste, sie meint Fett“, lacht er.

Majowski ist seit Langem Mitglied einer Selbsthilfegemeinschaft, die nach dem 12-Schritte-Programm funktioniert. Sie feiern dort auch den „Clean-Geburtstag“, seiner ist der 4. August 2008. Die Gruppe hat ihm geholfen, geduldiger zu werden, erzählt er. Darauf zu achten, niemanden mit seinem Verhalten zu verletzen. Ganz einfach eigentlich, aber natürlich eine Lebensaufgabe. Klar, Süchte verschwinden nicht einfach, sie bleiben Herausforderung. Von außen betrachtet könnte man meinen, dass Arbeit Majowskis neue Droge ist. Er selbst sagt: eher Schokolade und Pasta. Jedenfalls steht er vor seiner Ku’damm-Premiere gleich in zwei Stücken bei den Bad Hersfelder Festspielen auf der Bühne, dazwischen macht er Lesungen und inszeniert selbst Kinderstücke.

„Wenn es dich da oben gibt, Gott, soll es dir eine Freude sein, was ich tue.“

Eines, das er zusammen mit Regisseur Jörn Hinkel entwickelt, ist aus einem Workshop mit Jugendlichen in Worms hervorgegangen, wo Majowski 2013 und 2014 in Dieter Wedels „Nibelungen“ gespielt hat. Es heißt „Das blaue Flüstern“ und erzählt die Geschichte eines Mädchens, das mit friedlichen Mitteln gegen die Machenschaften eines Konzerns vorgeht, der kleinen Kommunen in Spanien buchstäblich das Wasser abgräbt, um es ihnen in Flaschen abgefüllt für den 400-fachen Preis zurückzuverkaufen. Eine politische Geschichte im Gewand eines Coming-of-Age-Krimis.

Majowski, das muss man vielleicht noch betonen, ist aber kein Missionar geworden. Auch wenn der zwölfte Schritt seines Programms besagt: Die Botschaft weitertragen. Er tut das auf vielfältige Weise, aber nicht dogmatisch. So wie er auch die Schauspielerei nicht als Lehrberuf begreift. Es darf auch Unterhaltung pur sein, siehe „Der Mann, der sich nicht traut“. Lieber ehrlicher Boulevard, als die x-te Goethe-Inszenierung „mit einem onanierenden Torquato Tasso auf der Bühne“, findet Majowski. Solange nur das Lebensmotto nicht verletzt wird, das er von seinem besten Freund aus der Selbsthilfegemeinschaft übernommen hat: „Wenn es dich da oben gibt, Gott, soll es dir eine Freude sein, was ich tue.“

Theater am Kurfürstendamm, Premiere am 9. August, 18 Uhr, Voraufführungen am 7. und 8. August, 20 Uhr, bis 13. September, immer Di bis So

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