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Küss die Muse: Jean-Marc Reiser (1941-1983) .

© caricatura-museum

Ausstellung: Geliebtes Laster

Mit freizügigen Zeichnungen erreichte der französische Satiriker Jean-Marc Reiser ein großes Publikum. Jetzt würdigt eine Frankfurter Ausstellung den früh verstorbenen Künstler.

Die Comics von Jean-Marc Reiser (1941-1983) standen unter Pornografieverdacht - dem Erfolg tat dies keinen Abbruch. Die Cartoons des französischen Satirikers erreichten Ende der 1980er Jahre eine Millionenauflage. Es war ausgerechnet Alice Schwarzer, die dem angeblichen Frauenfeind Reiser in Deutschland im Kampf gegen die Gerichte zur Seite sprang und seine Karikaturen auf der Titelseite von „Emma“ druckte.

In der ersten repräsentativen Ausstellung hat das Frankfurter Museum für Komische Kunst nun zum 70. Geburtstag Reisers rund 230 Zeichnungen aus dem Nachlass des Satirikers zusammengebracht. Fast 50 davon wurden noch nie zuvor gezeigt. Die Ausstellung ist von diesem Donnerstag an bis zum 26. Juni zu sehen - am 13. April wäre Reiser 70 Jahre alt geworden.

Reiser, der 1983 im Alter von 42 Jahren an Leukämie starb, konnte war zwar gerade beim Thema Sexualität schockierend vulgär sein, aber er verlor dabei nie den ironischen Blick. Und die Männer schnitten dabei nicht besser ab als die Frauen. „Der Schweinepriester“, seine bekannteste Comicfigur, ist alles andere als ein Vorzeigetyp.

„Hinsehen, Schwestern“, forderte Alice Schwarzer

„Er wusste, wie wir ticken“, sagt Ausstellungskurator Bernd Fritz zu Reisers Vorlieben für die menschlichen Abgründe und Laster. Der aus Lothringen stammende Reiser, der ohne Vater bei Pflegeeltern aufwuchs, war Autodidakt. In Paris wurde er in den 60er Jahren Stammzeichner bei den Satiremagazinen „Hara-Kiri“ und „Charlie Hebdo“, später auch bei „Le Monde“.

Explizit: Ein Umschlagsentwurf für den Band "Fantasien".
Explizit: Ein Umschlagsentwurf für den Band "Fantasien".

© caricatura museum frankfurt/dpa

In Deutschland wird der unglaublich kreative Reiser erst so richtig nach seinem frühen Tod bekannt - mit einer Vielzahl von Bänden, die Millionenauflagen erreichten, oder als Kolumnist der Zeitschrift „Titanic“. Dessen Chefredakteur war damals Bernd Fritz, der seit vielen Jahren auch die Cartoons von Reiser ins Deutsche übersetzt. Für die Ausstellung konnte er Reisers Witwe und dessen Sohn gewinnen, der in Paris im Centre Pompidou arbeitet. Gemeinsam sind sie 2000 Originalarbeiten durchgegangen. Ein Teil der Schau unter dem Titel „Vive Reiser!“ widmet sich dabei auch dem Sozialkritiker Reiser.

Eröffnet werden sollte die Schau am Mittwochabend Alice Schwarzer. „Hinsehen, diesmal lohnt es wirklich, Schwestern“, verteidigte sie einst in „Emma“ den Zeichner, mit dem sie gut befreundet war.

Die Ausstellung ist vom 10. Februar bis 26. Juni geöffnet; Ausstellungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr; Mittwoch 10-21 Uhr; Eintritt: fünf Euro, ermäßigt: 2,50 Euro; ein Katalog liegt vor. Mehr unter www.caricatura-museum.de. (dpa)

Thomas Maier

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