zum Hauptinhalt
WIRECENTER

© Illustration: Kunter

Berliner Alltag: Stadtgeschichte im Hosentaschenformat

Pulvertürme, Schmuggelware, Straßenschlachten: Der Grafiker Michael Kunter erzählt Berlin-Geschichte in Form von aufklappbaren Mini-Leporellos.

Es war die wohl schlimmste Katastrophe, die Berlin im 18. Jahrhundert erlebte. Als der Pulverturm nahe dem Spandauer Tor im August 1720 beim Ausräumen explodierte, starben um die 80 Menschen. Viele bedeutende Gebäude, darunter die Garnisonkirche, wurden zerstört. Wie es zu dem Unglück kam, kann man jetzt in einer Sammlung von Berliner Stadtgeschichten nachempfinden, die historische Ereignisse auf kunstvolle Weise vermittelt: als handgedruckte Bildgeschichten in Form von aufklappbaren Mini-Leporellos im Hosentaschenformat.

„Randgeschichten“ heißt die Sammlung Berliner Alltagsereignisse, die der Grafiker Michael Kunter in einer ersten, aufwändig per Hand gedruckten Edition veröffentlicht hat. Mit sicherem Gespür für die kleinen und großen Geschichten der Stadt hat der Künstler wichtige oder unterhaltsame Episoden nacherzählt und in je acht Bildern und mit je zwei Grundfarben illustriert.

268225_0_1facec8f.jpg
Mainzer Straße 1990. Die Schlacht um die besetzten Häuser inszeniert Kunter als minimalistisches Drama.

© Illustration: Kunter

Darunter ist die Begebenheit von einem leichtsinnigen Vater, der 1957 beim aufgeflogenen Schmuggel von Westzeitschriften in den Ostteil der Stadt gerade noch mal mit dem Schrecken davon kommt. In einem anderen Büchlein erfährt man, was geschah, als 1525 der Hofastrologe des Kurfürsten eine Sintflut vorhersagte, woraufhin sich alle auf den vermeintlich sicheren Kreuzberg retteten – und dann das Unglück anders als erwartet zuschlug. Die jüngste Episode spielt 1990 in der Mainzer Straße in Friedrichshain: Die Schlacht um die besetzten Häuser inszeniert Kunter mit grafischem Feingefühl als minimalistisches, auf Symbole und Umrisse reduziertes Drama. Weitere Episoden handeln von Mauerkletterern, streikenden Bauarbeitern und einem Mord am Wannseebadweg, der 1938 zur weltweit ersten Fernsehfahndung führte.

Zusätzliche Episoden aus anderen Epochen sowie eine Neuauflage der zehn ersten Geschichten sind geplant - bei ausreichender Nachfrage auch in weniger handgemachter, dafür erschwinglicherer Form. Denn bislang ist Kunters kunstvolle Aufarbeitung der Stadtgeschichte vor allem etwas für Liebhaber bibliophiler Kunstwerke und Fans der Berliner Stadtgeschichte, denen ihre Leidenschaft etwas wert ist: Die Büchlein der ersten Auflage kosten pro Episode zehn Euro, den Minischuber mit allen zehn Geschichten gibt es für 68 Euro – dafür hat man aber auch ein Unikat in der Hand.

Mehr Informationen und Bestellungen im Internet unter www.randgeschichten.de.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false