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Lust an der Provokation: Vor allem die gezeichnete Mohammed-Biografie erregte in den vergangenen Jahren großes Aufsehen.

© AFP

„Charlie Hebdo“: Zwischen Charlie Brown und Mohammed

Das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ hat mit seiner Religionskritik immer wieder Kontroversen provoziert. Gestartet wurde es einst als Comiczeitschrift.

Die französische Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“, auf die am Mittwoch in Paris ein Anschlag verübt wurde, erscheint seit 1992 in ihrer jetzigen Form. Der Name „Charlie“ stammt von der Comicfigur Charlie Brown von den „Peanuts“ und verweist auf die Ursprünge der Zeitschrift als Comic-Magazin, „Hebdo“ ist die im Französischen geläufige Abkürzung für „hebdomadaire“ (Wochenzeitschrift, Wochenblatt). Die wöchentliche Druckauflage liegt bei rund 140.000 Exemplaren.

Die Zeitschrift gilt in Frankreich als Symbol einer freien und antiklerikalen Presse, die mit bissigem und oft sehr derben Humor religiösen Fanatismus, Rassismus, Intoleranz und die Exzesse des Kapitalismus angreift. Mit provokanten Mohammed-Karikaturen und respektlosen Darstellungen des Papstes zog sie sich wiederholt den Zorn gläubiger Muslime oder Christen zu - und musste sich deswegen mehrfach vor Gericht verantworten.

In seiner neuen Ausgabe macht sich das Blatt am Mittwoch über das jüngste Buch "Unterwerfung" des Skandal-Schriftstellers Michel Houellebecq lustig, das für Frankreich das Szenario eines muslimischen Präsidenten im Jahre 2022 entwirft. Die Überschrift der Titelgeschichte: "Die Vorhersagen des Zauberers Houellebecq: 2015 verliere ich meine Zähne ... 2022 befolge ich den Ramadan!" Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass die Zeitung sich satirisch mit dem Islam und dem Propheten beschäftigt. Anfang 2013 widmete die Wochenzeitschrift Mohammed ein ganzes Sonderheft. In dem Comic-Band werden seine ersten 40 Lebensjahre nacherzählt, unter anderem wird Mohammed auf einer Seite nackt dargestellt.

Für Aufsehen hatte das linksgerichtete Blatt schon vorher gesorgt. So übernahm es 2006 zwölf umstrittene Mohammed-Karikaturen der dänischen Zeitung Jyllands-Posten, die den Propheten unter anderem mit einer Bombe als Turban zeigten. Diese Zeichnungen lösten in zahlreichen muslimischen Ländern wütende Proteste aus.

Im November 2011 legten die französischen Satiriker nach. Sie veröffentlichten ein Sonderheft mit der Überschrift "Charia Hebdo", das auf der Titelseite einen offenbar stark angeheiterten Propheten zeigte. Am gleichen Tag wurde auf die Redaktionsräume ein Brandanschlag verübt. Die Pariser Regierung sprach von einem Attentat, hinter dem sie Islamisten vermutete. Chefredakteur Stéphane Charbonnier, genannt Charb, der wie die in Frankreich äußerst beliebten Zeichner Wolinski, Cabu und Tignous sowie der bekannte Wirtschaftsjournalist Bernard Maris zu den Opfern des Attentats gehört, wurde daraufhin unter Polizeischutz gestellt.

"Charlie Hebdo" ist der Nachfolger des Satire-Magazins "Hara Kiri", das 1970 nach einer ironischen Titelgeschichte zum Tod von Ex-Staatschef Charles de Gaulle verboten wurde. Wegen zahlreicher Prozesse und einer schwindenden Leserschaft wurde das Wochenblatt 1981 eingestellt. In seiner heutigen Form wurde es 1992 neu gegründet - unter anderem vom Zeichner Cabu. Finanzielle Sorgen gehören seither zum Los der Redaktion. Erst kürzlich lancierte das chronisch verschuldete Satireblatt, das durchschnittlich 30.000 Exemplare verkauft, einen Spendenaufruf, um sein Überleben zu retten. (AFP/epd)

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