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Bild aus einer Kurzgeschichte von A Geng.

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Chinesische Manhua: Bittersüße Bonbons

Nach den japanischen Manga werden jetzt auch die chinesischen Manhua in Deutschland populär. Bei Tokyopop ist nun ein Sammelband erschienen, der die Bandbreite der Zeichnerinnen des Genres aufzeigt.

Japanische Comics, die sogenannten Manga, haben schon länger einen festen Platz in der deutschen Comicszene. Seit einiger Zeit veröffentlichen die Verlage nun auch die koreanische beziehungsweise chinesische Variante asiatischer Bildergeschichten: die Manhua.

Mit „China Girls“ erscheint jetzt eine Sammlung von zwölf vollfarbigen Geschichten chinesischer Illustratorinnen, die in allerlei Stilen und mit sehr unterschiedlicher Bildsprache vom Alltag der jungen Frauen erzählen.

Eindeutige revolutionäre Statements Richtung Politik darf man hier nicht erwarten. Doch der Band beinhaltet neben Geschichten voller Situationskomik und Witz auch solche mit leisen kritischen Untertönen, quasi verpackt in buntes Bonbonpapier.

Durch die hochwertige Aufmachung und das im Vergleich zu normalen Manga übergroße Format kann man die fantasievollen Bilder sehr gut studieren. Die Bandbreite reicht von zarten, eher westlich anmutenden Aquarellillustrationen hin zu feuerrot leuchtenden Darstellungen Buddhas und eher kritzelig-skurrilen Comicgeschichten.

Die behandelten Themen stehen oftmals in krassem Gegensatz zur farbenfrohen Optik. Besonders deutlich wird dies in der Geschichte „Bonbons“, die von einer Frau erzählt, die ihre Tochter verloren hat. Die trauernde Mutter wandert durch eine eine weiche, blau und lila schimmernde Welt, doch der Dialog, der nebenher über den Seiten schwebt, ist geradezu erschütternd.

Im Gegensatz dazu befasst sich die Geschichte „Apple Baby Cat“ mit den Speckröllchen der Hauptdarstellerin und wie sie diese durch fragwürdige Magie wieder los wird. Die Geschichte besitzt durch die vielen Brauntöne einen gewissen Retro-Charme und erinnert an das Editorial-Design hipper Frauenmagazine.

Natürlich nutzen einige Geschichten auch die typische „Manga-Optik“, die man hierzulande sofort mit dem Begriff verbindet. Es gibt strahlend schöne Gesichter mit sorgfältig ausgearbeiteten Augen, Haaren und schicken Kleidern. Doch gerade diese Erzählungen sind oft eher bittersüß und beinhalten Themen wie unerfüllte Liebe, Trennung und Verlust.

China Girls
China Girls

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„China Girls“ funktioniert auch deshalb so gut, weil eine allumfassende, grenzüberschreitende Wahrheit in vielen Geschichten steckt. Chinesische Frauen grübeln, lachen und lieben wie alle anderen, angenehmerweise auch mal fern von politischen Untertönen und einem erhobenen Zeigefinger. Wenn sie Kritik vorbei an der staatlichen Zensur anbringen, geschieht das leise, poetisch aber nicht weniger aufwühlend.

China Girls, erschienen bei Tokyopop, 192 Seiten,  19,95 Euro.

Unsere Gastautorin Inga Steinmetz lebt in Berlin und zeichnet unter anderem die Serie Freche Mädchen - freche Manga!", deren dritter und letzter Band kürzlich bei Tokyopop erschienen ist. Mehr über Inga Steinmetz findet man auf ihrer Website. Und Ingas andere Mangarezensionen für den Tagesspiegel finden sich unter diesem Link.

Inga Steinmetz

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