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Vordenker: Marx und Engels in einer Szene aus „Engels. Unternehmer und Revolutionär“.

© Edition 52

Comicbiografie von Friedrich Engels: Die Hölle von Manchester

Vom Fabrikanten zum Kommunisten: Christoph Heuer, Fabian W. W. Maruschat und Uwe Garske erzählen das Leben von Friedrich Engels als Comic.

Von den beiden Verfassern des „Kommunistischen Manifests“ war er derjenige, der die „zweite Geige“ spielte, wie er von sich selber sagte, hinter Primgeiger Karl Marx. Nur, dass Marx nicht zu dem hätte werden können, der er in den Jahrzehnten des Londoner Exils wurde, hätte nicht Engels hinter ihm gestanden, menschlich, finanziell, schließlich als Aufbereiter und Herausgeber von Marxens unvollendeter Hinterlassenschaft in Gestalt von „Kapital“-Band II und III.

Marx hatte vor zwei Jahren sein Jubiläumsjahr, Engels wäre in diesem Jahr mit der Feier des 200. Geburtstags dran. Doch nichts Vergleichbares geschieht.

Karl Marx ähnelt einem gutmütigen Opa

So bleibt es den Comicautoren Christoph Heuer, Fabian W. W. Maruschat und Uwe Garske überlassen, den Barmener Fabrikantensohn zumindest in ihrer Graphic Novel „Engels. Unternehmer und Revolutionär“ (Edition 52, 154 S., 18 €) zu würdigen.

Und dafür eignet sich Engels’ Leben viel besser als dasjenige von Marx; denn Unternehmer zu sein und gleichzeitig Kommunist und ein Leben zwischen Preußen und England zu führen, das bietet Stoff für eine Erzählung in gezeichneter Form.

Grabrede: Engels verabschiedet Marx - eine Szene aus „Engels. Unternehmer und Revolutionär“.
Grabrede: Engels verabschiedet Marx - eine Szene aus „Engels. Unternehmer und Revolutionär“.

© Edition 52

So verwundert es nicht, dass die frühen Jahre des Helden am breitesten erzählt werden, da der behütete Fabrikantensohn mit den schreienden sozialen Ungerechtigkeiten seiner Zeit, mit Hunger und Elend konfrontiert wird. Elberfeld 1849, Elberfeld 1837, Manchester 1843, Bremen 1840 und erneut Manchester 1843 sind die ereignisreichen Kapitel überschrieben, die teils als Rückblenden erzählt werden, so von Engels 1883 bei der Beerdigung von Marx.

Als Lebender taucht Marx überhaupt nur auf zwei Seiten auf, da sieht er einem gutmütigen Opa ähnlich. Engels hat Zeichner Christoph Heuer besser hinbekommen, vor allem aber geht es ihm um die historische Kulisse, um die verrauchte, schmutzige Welt der Fabriken und Arbeiterwohnungen im England des Hoch-Kapitalismus.

Aus der zweiten in die erste Reihe

Dazu passt die viele Schwärze, die der Zeichner verwendet; manchmal ein bisschen zu viel für das Auge, das Details und Feinheiten sucht. Auch die „Hölle auf Erden“ – so lautet ein Kapitel – ist tiefschwarz. Heuer ist bestrebt, die Szene zu dynamisieren, durch Ausschnitte, durch Wechsel von Fern- und Nahsicht, durch Frosch- und Vogelperspektiven. So kommt eine Spannung in die Erzählung, die das bloße Abschreiten der Biografie nicht bieten könnte.

Das Titelbild des besprochenen Buches.
Das Titelbild des besprochenen Buches.

© Edition 52

Auf der Strecke bleibt dabei die Erwähnung der eigenständigen wissenschaftlichen Leistungen Engels’, angefangen mit der berühmten Studie zur „Lage der arbeitenden Klasse in England“ aus dem Jahr 1845; nur ganz am Schluss des Comics wird die „Dialektik der Natur“ thematisiert.

Nur ist das eben kein Stoff für eine grafische Erzählung. Sie hätte vielleicht besser geheißen „Kindheit und Jugend eines großen Mannes“, aber egal: Mit diesem Buch rückt der Mit-Revolutionär Friedrich Engels aus der zweiten in die erste Reihe. Und das zu Recht.

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