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Mut zur Lücke: Das Plakat zur Münchener MAD-Jubiläumsausstellung schuf Tom Bunk.

© Comicfestival München

Comicfestival München: Münchener Mass-Arbeit

Am Donnerstag startet eines der größten deutschsprachigen Comicfestivals mit einem ambitionierten Programm und der Ehrung eines Pioniers der Kunstform.

Wer in den siebziger oder achtziger Jahren in Deutschland zur Schule ging, hatte ein einfaches Mittel, die Aufmerksamkeit seiner Klassenkameraden zu gewinnen: Es genügte, das aktuelle „MAD“-Heft dabei haben – und schon stand man inmitten einer neugierig mitlesenden, lauthals lachenden Gruppe.
Der Humor-Standort Deutschland war damals noch recht unterentwickelt. Es gab den jungen Otto Waalkes, den nicht mehr ganz jungen Loriot, Gerhard Seyfried und die Zeichner der Neuen Frankfurter Schule; das war’s eigentlich schon. Ein Glück also für (vor allem männliche) Leser im Teenager-Alter, dass seit 1967 monatlich dieses Magazin erschien, als deutscher Ableger des 1952 gegründeten amerikanischen „MAD“.

Herbert Feuerstein, der spätere Sidekick Harald Schmidts, war viele Jahre Chefredakteur und sorgte dafür, dass neben Don Martin, Mort Drucker und Sergio Aragones auch die deutschen Zeicher I. Astalos und Dieter Stein Platz fanden. Dafür wird Feuerstein auf dem Festival mit einem Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

Nach einer dreijährigen Pause in den Neunzigern liegt „MAD“ jetzt wieder regelmäßig am Kiosk aus. Die Auflage ist recht bescheiden und von der früheren Bedeutung nicht mehr allzu viel übrig. Dennoch ist es schön, dass das Comicfestival München (25. – 28. Mai) das 50-jährige Jubiläum des „verrücktesten Magazins der Welt“ zum Anlass einer großen Ausstellung nimmt. Sehr passend ist auch deren Ort: das dem höheren Nonsens geweihte Valentin-Karlstadt-Musäum.

Von „Eternauta“ bis Ralf König

Hauptstandort des Festivals ist, wie schon vor zwei Jahren, die Alte Kongresshalle nahe der Theresienwiese. Eine Konkurrenz für den Internationalen Comic-Salon Erlangen war die Veranstaltung lange nicht. Dass sie nun wohl dabei ist, über ihren semiprofessionellen Status herauszuwachsen, zeigt sich in zwei weiteren Ausstellungen. „Der Mythos Eternauta“ – übernommen vom Literaturhaus Stuttgart – widmet sich der berühmten Science-Fiction-Serie von Héctor G. Oesterheld und Francisco Solano López. „Eternauta“, veröffentlicht zwischen 1957 und 1959, gilt heute als visionäre Vorwegnahme der späteren argentinischen Militärdiktatur, der Oesterheld und seine vier Töchter zum Opfer fielen. Ob dies nicht eine rückwirkende Projektion ist, darüber kann man streiten. Das zum Teil sehr detaillierte, an Milton Caniff geschulte Artwork von Lopez im Original betrachten zu können, ist aber sicherlich ein Erlebnis.

Alte Bekannte: Einige der Comicfiguren, deren Zeichner in München dabei sein werden.
Alte Bekannte: Einige der Comicfiguren, deren Zeichner in München dabei sein werden.

© Comicfestival

Sehr neugierig macht die Ausstellung mit Blättern von Denis Kitchen, der seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Figuren der US-amerikanischen Indie-Szene gehört. Früher war er Chef der renommierten Kitchen Sink Press, inzwischen ist er Nachlassverwalter Will Eisners und Leiter des Comic Book Legal Defense Fund, der sich in vielfältiger Weise für die Rechte von Comic-Zeichnern, -Verlegern und -Händlern einsetzt. Dass Kitchen auch selbst künstlerisch aktiv ist, dürfte dagegen weniger bekannt sein. Zur Ausstellung in München ist ein von Steff Murschetz herausgegebener Katalog erschienen („Seltsam & Fesselnd – Das Werk des Denis Kitchen“).

Die prominentesten Gäste in München sind Terry Moore („Strangers in Paradise“, „Rachel Rising“) und Hermann Huppen. Hinzu kommen unter andrem Bastien Vivès („Der Geschmack von Chlor“), Enrico Marini („Die Adler Roms“), Rubén Pellejero (der neue „Corto Maltese“-Zeichner), Peter Kuper („Spion & Spion“), Ralf König und Tom Bunk („MAD“). Beatles-Fans können sich auf Klaus Voormann freuen, der den Band „Birth of an Icon“ vorstellt, in dem sich detailliert erfahren lässt, wie der Graphiker dazu kam, das Maßstäbe setzende Cover des Beatles-Albums „Revolver“ zu gestalten.

Das Programm und weitere Festivalinfos gibt es online hier: 2017.comicfestival-muenchen.de

Christoph Haas

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