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Keine Schonhaltung. Al Feldstein nahm bei Gelegenheit auch die US-Tabakbranche höchstpersönlich aufs Korn.

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Comicpionier Al Feldstein gestorben: Witz und Wahrheit

Al Feldstein prägte die Satirezeitschrift „Mad“ und den US-Comic. Jetzt ist er mit 88 Jahren gestorben. Vor allem eine seiner Geschichten wird als Meilenstein der Kunstform gerühmt.

Was für ein symptomatischer Fehler: Am 30. April veröffentlichte die „New York Times“ einen Nachruf auf einen gewissen Al Goldstein. Kurze Zeit später korrigierte sich die Zeitung: Al Feldstein heiße der Tote, nicht Goldstein. Der Vorfall zeigt: Eine der einstmals herausragenden Persönlichkeiten der US-Comic- und Satireszene ist heute offenbar nicht mehr vielen Menschen ein Begriff. Dabei prägte Feldstein, der am Dienstag mit 88 Jahren auf seiner Ranch in Montana starb, nicht nur die knapp 30 Jahre von ihm als Chefredakteur geführte Zeitschrift „Mad“, sondern auch den modernen Comic.

So finden sich neben den zahlreichen Horror- und Humor-Comics, die er schrieb und zeichnete, immer wieder Arbeiten mit bemerkenswert politischen und sozialen Botschaften. Herausragend ist vor allem die die Kurzgeschichte „Master Race“, die erzählerisch und visuell als ein Meilenstein der Kunstform gilt. Mit dem Illustrator Bernard Krigstein erzählt Feldstein darin von der verhängnisvollen Begegnung eines ehemaligen KZ-Häftlings mit einem früheren KZ-Aufseher in einer New Yorker U-Bahn. Die Geschichte erschien bereits 1955 in der Comiczeitschrift „Impact“ – zu einer Zeit, als der Holocaust in der US-Populärkultur kaum thematisiert wurde.

Zum Schluss malte er kitschige Landschaftsbilder

Art Spiegelman, der 37 Jahre später für seinen Holocaust-Comic „Maus“ mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde, bezeichnete „Master Race“ einmal als einen der besten Comics der Geschichte. Feldstein konnte auch ganz anders.

Meilenstein der Comicgeschichte: Die von Bernie Krigstein gezeichnete Geschichte "Master Race" basierte auf einem Skript von Al Feldstein.
Meilenstein der Comicgeschichte: Die von Bernie Krigstein gezeichnete Geschichte "Master Race" basierte auf einem Skript von Al Feldstein.

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Vielen „Mad“-Lesern war er als derber Scherzbold bekannt, der in den Anzeigenpersiflagen des Magazins als bulliger Tabak-Lobbyist mit blauem Auge posierte, als Säufer, Vertreter oder Landstreicher – mit einem „Mad“-T-Shirt, auf dem die Kunstfigur Alfred E. Neumann prangte, die mit ihrer markanten Zahnlücke seit Feldsteins Zeiten fast jedes „Mad“-Titelblatt verunziert. Von 1965 bis 1984 leitete er die Zeitschrift, deren Humor Generationen prägte. Feldstein gilt als treibende Kraft hinter der Umwandlung der Comic- zu einer Satirezeitschrift mit internationaler Anhängerschaft.

Dank eines deutschen Ablegers erfreute der anarchische Bildwitz der von Feldstein verpflichteten Zeichner – darunter Don Martin und Antonio Prohías („Spion und Spion“) – vor allem in den 1970er und 80er Jahren auch viele deutsche Leser.

Zuletzt hatte sich Feldstein auf seine Ranch zurückgezogen. Dort malte er kitschige Landschaftsbilder, die mit dem frechen „Mad“-Witz von einst nichts mehr zu tun hatten.

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