zum Hauptinhalt
Unwiderstehlich. „Endkrass“, hier eine Seite aus dem Album, lebt von kindischen Kapriolen.

© Illustration: Trondheim/Reprodukt

Comicserie: Stromstoß ins Herz

Nach einer längeren Pause hat Lewis Trondheim „Die erstaunlichen Abenteuer ohne Herrn Hase“ fortgesetzt und der Reihe ihren Höhepunkt verpasst. Herrn Hases Rezept bewährt sich dank seiner kindischen Freunde hier auch ohne ihn.

Vielleicht haben sich ja die Macher der Fernsehserie „Lost“ bei der Frage, wie sie zum Schluss ihre getrennten Liebespaare wieder zusammenbringen sollen, von Lewis Trondheim inspirieren lassen. Die Lösung kann so einfach sein: Liebe wirkt wie ein elektrischer Schlag, eine bloße Berührung genügt schon. Natürlich tappt der Zyniker Trondheim nicht wie so viele auf diesem Terrain in die Kitschfalle. Das ist in der Jungenwelt der Freunde von Herrn Hase auch kaum möglich. „Endkrass“, der vierte Band aus der Reihe „Die erstaunlichen Abenteuer ohne Herrn Hase“, lebt wie „Nicht ohne meine Konsole“ von den kindischen Kapriolen, mit denen sich Herr Hases Freunde Richard, Felix und Patrick durch den Alltag schlagen.

Liebe trifft wie der Blitz

Jeder von ihnen wettet 5000 Euro darauf, dass er nach dem Wochenende wieder eine Freundin haben wird. Der alte Fuchs Richard kann diesen Einsatz schon im Vorfeld verschmerzen: Er hat bereits eine neue Freundin, von der die anderen nichts wissen. Er wähnt sich besonders clever, als sich Felix und Patrick auf seinen Vorschlag einlassen, dass ausgerechnet seine neue Flamme Alice den Topf mit den Wettschecks verwalten soll, bis die ihn vor die Wahl stellt: Entweder er besorgt ihrem Exfreund eine neue Freundin, weil der ihr sonst weiterhin hinterherliefe, oder sie würde nächsten Montag leugnen, dass sie mit Richard zusammen ist. Das stellt Richard vor ein schier unlösbar scheinendes Problem: Ihr Exfreund ist der „Bazillenmann“ Vincent, ein Hyper-Hypochonder, der sich direkt neue Klamotten besorgt, nachdem ihn ein Penner in der Metro angefasst hat.

Elektrifiziert. „Endkrass“ ist bislang das witzigste der Abenteuer der Reihe.
Elektrifiziert. „Endkrass“ ist bislang das witzigste der Abenteuer der Reihe.

© Reprodukt

Als Richard vor dem großen Anbandelabend zur Abschlussuntersuchung seines genesenen Knöchels an der Krankenhauselektrik hängt, schlägt der Blitz ein. Wer ihn fortan berührt, verfällt ihm bis zum nächsten Kontakt. Die Zuneigung, die ihm entgegenschlägt, überwinden alle Geschlechts- und sozialen Grenzen, so dass Felix und Patrick dank Richard zwar an eine Abschlepprampe gelangen, die ihnen sonst versperrt geblieben wäre, damit aber überhaupt nichts anfangen können. Während sich Richard zum allseits geliebten Aerobic-Trainer der Promis und Diplomaten mausert, kommt es mit Alice zu Spannungen.

Es braucht mehr als einen Einschlag

„Endkrass“ ist bislang das witzigste der Abenteuer ohne Herrn Hase. Der Band zerfällt nicht in die Episoden und graphischen Aphorismen von „Les aventures de l‘ univers“ oder „Mein Freund, der Rechner“. Herr Hase funktionierte nach zwei Erzählprinzipien: der Genre- oder der Alltagsparodie. Letztere ist auch Endkrass schließlich.

Was auch passiert, es passiert eigentlich nichts, obwohl wir immer vor der grauen Farbe der Hölle flüchten. Andere Faktoren als die Geschehnisse bestimmen unser Leben, weshalb sich Richard viel mehr aus dem kindlich-prolligen Humor macht, den er mit Alice teilt, als aus allen Avancen irgendwelcher It-Girls. Dass Richard seine ganze Umwelt so elektrifiziert, dass der permanente Spieltrieb von ihm und seinen Freunden auf sie überspringt, bringt denen überhaupt nichts. „Gleich und gleich gesellt sich gern“: Das ist die einfache Erkenntnis, die allen bleibt, auch nachdem sie endlich einmal einen endkrassen Abend erlebt haben.

Lewis Trodnheim: Endkrass, aus dem Französischen von Kai Wilksen, Handlettering von Dirk Rehm, 48 Seiten, Reprodukt, 12 Euro. Mehr Infos und Leseprobe unter diesem Link.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false