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Comicverfilmung "Thor": Donnergott auf Drogen

Im Kino mit Marko Djurdjevic: Was der Berliner Starzeichner von Hollywoods Verfilmung des Comic-Klassikers "Thor" hält, die am Donnerstag anläuft.

Hinterher muss er erst mal tief durchatmen. „Was für eine Kitschbombe“, stöhnt Marko Djurdjevic, als er aus dem Cinestar-Kino im Sony Center wieder ins Tageslicht tritt. Der Zeichner – gekleidet ganz in Schwarz, kräftig, markanter Spitzbart – zündet sich eine Nil an, nimmt ein paar tiefe Züge und schüttelt den Kopf. „Mann, Mann, Mann, was für ein überfrachteter Film, der viel zu viel auf einmal erzählen will“, sagt er über das 3-D-Action-Fantasy-Spektakel, dessen Pressevorführung er gerade gesehen hat. „Und diese überladenen Effekte!“

Mit der Reaktion hätte man nicht gerechnet. Denn Marko Djurdjevic steht nicht im Verdacht, spektakulär inszenierten Superhelden-Abenteuern gegenüber generell abgeneigt zu sein.

Im Gegenteil. Kein deutscher Zeichner hat so viel zu diesem uramerikanischen Unterhaltungsgenre beigetragen wie er. Der 32-Jährige, der mit Frau und Sohn in Prenzlauer Berg lebt, hat in den vergangenen Jahren mehr als 200 Titelbilder für US-Comicserien wie „Spider-Man“ und „X-Men“ gezeichnet, wird wegen seines malerisch geschulten, episch-düsteren Stils von Comicfans weltweit als Star gefeiert und hat zuletzt auch dem „Thor“-Epos seine Handschrift verpasst, indem er einige besonders erfolgreiche Episoden der einst in den 60er Jahren von den Comic-Pionieren Stan Lee, Larry Lieber und Jack Kirby erfundenen Serie zeichnete, die jetzt sukzessive auch auf Deutsch im Panini-Verlag erscheinen.

Aber der aktuellen Verfilmung von „Thor“ durch Shakespeare-Fan Kenneth Branagh, die am Donnerstag mit Hollywood-Stars wie Anthony Hopkins und Natalie Portman ins Kino kommt, kann der Zeichner nicht viel abgewinnen. Asgard zum Beispiel, die Heimat der nordischen Götter und damit auch der hammerschwingenden Hauptfigur, habe auf der Leinwand wie „Neobarock auf Drogen“ ausgesehen, spottet Djurdjevic. „Katastrophal!“

Dabei hätte der Künstler eigentlich allen Grund, den Film auch mit einer Prise Stolz zu betrachten: Das Aussehen einiger Figuren im Film wurde offensichtlich davon beeinflusst, wie der Berliner und sein Zeichnerfreund Olivier Coipel sie jüngst zusammen mit dem Autor J. Michael Straczynski („Babylon 5“) in ihrer Weitererzählung der Thor-Saga gestaltet haben. Auch hat der Künstler viele der Figuren gezeichnet, die man jetzt auf Werbeartikeln wiederfinden wird, von „Thor“-Zahnpasta bis -Bettwäsche.

Erbverwalter: Vom Berliner Marvel-Zeichner Marko Djurdjevic stammen einige besonders populäre "Thor"-Folgen.
Erbverwalter: Vom Berliner Marvel-Zeichner Marko Djurdjevic stammen einige besonders populäre "Thor"-Folgen.

© Doris Spiekermann-Klaas

An den Geschichten um den zwischen der Erde und dem Götterreich pendelnden Donnergott fasziniere ihn besonders das Mythologische, wie er sagt: Die Comicreihe bedient sich großzügig bei den germanischen Sagen – mit diesen und anderen Schöpfungsgeschichten hat sich Djurdjevic vor allem in jüngeren Jahren auch privat viel beschäftigt. Trotzdem kann er sich mit dem, was Hollywood aus der zuletzt auch von ihm mitgeprägten Erzählung gemacht hat, nicht anfreunden: „Da bleibt nichts von hängen“, sagt er, „ein echtes Fast-Food-Feeling“. Privat lägen ihm Filme mit Tiefgang wie die des dänischen Regisseurs Lars von Trier („Antichrist“) oder auch von Fatih Akin („Gegen die Wand“) eh mehr als die Verfilmungen jener Geschichten, mit denen er sein Brot verdient. Überhaupt hat sich Djurdjevic für einen Comicstar eine gesunde Distanz zur Welt der bunten Action-Helden bewahrt: Nach Feierabend liest er lieber den „Spiegel“ oder Bücher als Comics.

Bösewichten, Fabelwesen, Amazonen

Das liegt wohl auch daran, dass der in Koblenz aufgewachsene Sohn serbischer Einwanderer durch Spezialeffekte, die „Thor“ im Übermaß hat, nicht mehr so leicht zu beeindrucken ist. Denn während seiner Lehrjahre in den USA wie auch mit seiner inzwischen auf sechs Mitarbeiter angewachsenen Berliner Firma Sixmorevodka hat der Zeichner immer wieder selbst an ähnlichen Projekten mitgewirkt. Der Schwerpunkt der kleinen Firma liegt allerdings auf einer anderen Boombranche der Populärkultur: Sie entwickelt Figuren für Computerspiele. Auf Djurdjevics Schreibtisch stapeln sich Bleistiftzeichnungen von maskierten Bösewichten, Fabelwesen und Amazonen, die man demnächst als Charaktere in Videospielen wiedersehen dürfte und von denen man einige auch auf seiner Website sixmorevodka.com bestaunen kann. Nebenbei veranstaltet er immer wieder Workshops für junge Künstler – auch weil er als Autodidakt lange, oft qualvolle Jahre gebraucht hat, um mit seiner Leidenschaft fürs Zeichnen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten: „Ich weiß, wie hart es ist, ins Geschäft zu kommen – das will ich dem Nachwuchs ersparen.“

Die deutschen Ausgaben der „Thor“-Comics findet man online unter www.paninicomics.de/special/thor_film.html

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