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Der Tagesspiegel-Fragebogen (1): 15 Fragen an - Katharina Greve

In einer Sommerserie haben wir wichtigen deutschen Comicschaffenden je 15 Fragen gestellt - zu ihrer Arbeit, zu ihren Vorbildern und zur Lage der Comic-Nation. Heute: Die Berliner Zeichnerin Katharina Greve.

1. Was kommt bei Ihrer Arbeit zuerst: Worte oder Bilder?

Ganz klar: Worte, da ich nach klassischer Drehbuch-Manier arbeite.

2. Hören Sie beim Zeichnen Musik, und wie beeinflusst Sie das?

Am liebsten höre ich Stille. Wenn ich beim Zeichnen mal Musik höre, dann die immer gleiche CD, bis ich die Musik fast nicht mehr wahrnehme und sie quasi zu einer gestalteten Stille wird.

3. Was essen und trinken Sie am liebsten bei der Arbeit?

Lakritze und Kirschsaftschorle – wenn ich nicht gerade Kaffee trinke.

4. Angenommen, Ihre Wohnung brennt: Welche Comics würden Sie auf jeden Fall aus Ihrem Regal retten?

Die beiden „Krieg der Sterne“-Hefte von Marvel, die ich seit 1978 besitze. Die sind zwar nicht schön, aber sie haben einen großen Erinnerungswert für mich. Alle anderen Bücher kann man nachkaufen.

5. Welche Zeichner/Autoren waren für Ihre eigene Entwicklung die prägendsten?

Ich bin mit dem Humor von Goscinny, Loriot und Kishon aufgewachsen. Grafisch haben mich die Anatomieatlanten meiner Mutter und die Klarheit von Architekturzeichnungen stärker geprägt als die meisten Comics, die ich gelesen habe. Zeichner wie Marc-Antoine Mathieu und Chris Ware habe ich erst sehr spät entdeckt, da war meine Prägung eigentlich schon abgeschlossen.

Comic-Strip aus "Die Dramatik der Dinge", Leseprobe von der Homepage der Zeichnerin: http://www.freizeitdenker.de.
Comic-Strip aus "Die Dramatik der Dinge", Leseprobe von der Homepage der Zeichnerin: http://www.freizeitdenker.de.

© Illustration: Katharina Greve

6. Welches Comic-Buch/Heft/Album würden Sie jemandem empfehlen, der sonst eigentlich keine Comics liest?

Den Kulturbeflissenen würde ich die Sixtinische Kapelle mit ihren bombastischen Bibel-Comics empfehlen.

7. Glauben Sie, dass dem Comic die Aufmerksamkeit zuteil wird, die er verdient?

In Deutschland leider nicht.

8. Welche zeitgenössischen Comiczeichner/innen verdienten mehr Aufmerksamkeit als sie sie im Moment haben?

Ulli Lust. Aber das ändert sich ja gerade.

9. Wenn Sie einen hoch dotierten Preis für das Comic-Lebenswerk zu vergeben hätten, wer würde ihn bekommen?

Dieser namenlose Künstler, der die Rettungsanleitungen für Flugzeuge zeichnet. Welcher Zeichner kann sonst schon von sich behaupten, dass sein Werk Leben rettet?

10. Wie würden Sie einem Blinden beschreiben, was das Besondere an Ihren Comics ist?

Ich versuche, den alten Design- und Architektur-Leitsatz „Form follows function“ zu beherzigen, wobei die Geschichte in diesem Falle die Funktion übernimmt. Die Zeichnungen sind sehr reduziert bis abstrahiert.

11. Woran arbeiten Sie derzeit, wenn Sie nicht gerade Fragebogen ausfüllen?

Es gibt das laufende Geschäft, z.B. den regelmäßigen Strip „Die Dramatik der Dinge“ für electrocomics.com und mehrere Cartoon-Projekte. Dann entwickle ich gerade eine Comic-Serie, deren erste Folge ich bei einem Lesebühnen-Auftritt der Weddinger "Brauseboys" vorgestellt habe. Außerdem schreibe ich an einem Szenario für ein neues „abendfüllendes“ Buch. Und ganz aktuell habe ich die Ölfarbe wieder entdeckt.

Seite aus dem Comic-Roman "Ein Mann geht an die Decke", Biblyothek, 48 Seiten, 14 Euro. Homepage zum Buch: http://www.ein-mann-geht-an-die-decke.de.
Seite aus dem Comic-Roman "Ein Mann geht an die Decke", Biblyothek, 48 Seiten, 14 Euro. Homepage zum Buch: http://www.ein-mann-geht-an-die-decke.de.

© Illustration: Katharina Greve

12. Wieso würden Sie einem jungen Menschen raten, Comiczeichner/-autor zu werden – und wieso würden Sie ihm davon abraten?

Pro: Wer Geschichten erzählen möchte, hat als Comiczeichner die Chance, alles zu sein: Autor, Regisseur, Szenograf, Kostümbildner – man kann also ein klein wenig Gott spielen. Contra: Es ist monetär erschütternd und darum meist zweitjobpflichtig.

13. Wie fühlt es sich für Sie an, Ihre Zeichnungen als gedruckte Bücher in der Hand zu halten?

Ausgezeichnet :-)

14. Welche Note hatten Sie im Kunstunterricht?

Auch wenn es langweilig klingt: auf dem Gymnasium im Schnitt eine 1.

15. Was können Sie überhaupt nicht zeichnen?

Autos, Fahrräder und Pistolen.

Katharina Greve kam 1972 in Hamburg zur Welt, studierte Architektur an der TU Berlin und lebt heute als Ex-Architektin, Cartoonistin, Autorin, Künstlerin, Situationsdesignerin sowie stolze Besitzerin einer Vakuumier-Maschine in Mitte. Hier geht es zu ihrer Homepage. Zuletzt hat sie den Comic-Roman "Ein Mann geht an die Decke" veröffentlicht (Biblyothek, 48 Seiten, 14 Euro. Homepage zum Buch: http://www.ein-mann-geht-an-die-decke.de.)

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