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© Illustration: Bravo/Reprodukt

Émile Bravo: Im Garten von Émile Bravo

Zum Internationalen Comic-Salon wurde dem französischen Comic-Star in Erlangen eine Ausstellung gewidmet – sie ist noch bis zum 11. Juli zu sehen.

„C'est mon jardin secret“ - „Das ist mein geheimer Garten“ heißt es sprichwörtlich im Französischen, wenn von einem kleinen Geheimnis die Rede ist. Die Metapher des Gartens als geschützter Raum, in dem die Fantasie ungestört wuchern darf, ist für Émile Bravo in Erlangen gleich zweifach von Belang: Soeben ist bei Reprodukt sein neues Buch „Der vergessene Garten“ erschienen (ausführliche Rezension folgt); die Ausstellung „Der Comic-Garten des Émile Bravo“ widmet sich auch den früheren Werken des französischen Autors.

Der Titel wird zum Programm der Ausstellung, im wörtlichen, wie im übertragenen Sinne: Der Besucher kann zum einen großformatige Garten-Szenen aus Bravos Comics bestaunen und mit dem „Zwergbärenhaus“ sogar in eine Art Gartenhäuschen schlüpfen. Zum anderen kann er bei seinem Spaziergang diverse Facetten des Comic-Gärtners entdecken.

Eine volle Dosis schwarzer Humor

Im Märchengarten zum Beispiel finden sich Auszüge aus der Reihe der „Sieben Zwergbären“: Eine äußerst absurde und vergnügliche Neuinterpretation klassischer Märchenmotive. Gleich daneben zeugen die Abbildungen aus Jean Regnauds und Émile Bravos  „Meine Mutter ist in Amerika und hat Buffalo Bill getroffen“ davon, wie es in einer sehr leisen Erzählung gelingen kann von Freude, aber auch von Leid der Kindheit zu erzählen. Stimmung wird hier nicht zuletzt über die Kolorierung erzeugt; in jedem Kapitel taucht der Leser in eine neue Farbwelt ein.

Im Abenteuergarten schließlich treffen wir auf Paul, einen modernen Tintin, der seine jungen Leser im Idealfall sogar für naturwissenschaftliche Phänomene begeistern kann. Und natürlich auf das „Portrait eines Helden als junger Tor“, Bravos „origin story“ der franko-belgischen Comic-Ikone Spirou. Der im Vorkriegs-Brüssel angesiedelte Initiationsroman ist eine Hommage an die ligne claire Hergés und Chalands.

Und dann wäre da natürlich noch, passenderweise etwas versteckt, der vergessene Garten, der  Kostproben aus dem gleichnamigen Comic präsentiert. Das Gerüst des Buches entspricht im Kleinen dem Konzept der gesamten Garten-Ausstellung: In einem Sammelsurium bunter Blätter und Stilblüten kann der Leser sich einen Überblick über Bravos Werk verschaffen. Von Anekdoten über die Misserfolge eines unbegabten Hobbykochs bis zu bitterbösen Polit- und Gesellschaftssatiren sind unterschiedlichste Arbeiten vertreten.

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Liebe, Drama, Weltpolitik. Szene aus Émile Bravos Spirou-Band.

© Illustration: Bravo/Carlsen

Zwei Elemente verbinden diese miteinander: Eine ganz eigene Bildsprache, die sehr effektiv auf Textreduktion setzt, indem die Sprechblasen statt Buchstaben Piktogramme enthalten und - in voller Dosis - der schwarze Humor.

Ein Comic nur für Erwachsene? So sieht Bravo das nicht. Alle seine Werke, so der Autor im Gespräch mit Comic-Redakteur Michael Groenewald, seien generationsübergreifend angelegt. Die Bücher ließen sich einfach auf unterschiedlichen Ebenen lesen. So wie damals, als sein Vater beim Vorlesen eines Comics kicherte und der kleine Émile, irritiert und fasziniert zugleich, nicht wusste worüber. Und um welchen Comic es sich dabei handelte, dürfte an dieser Stelle nicht mehr allzu sehr überraschen: Es waren „Tim und Struppi“ von Hergé.

Die Ausstellung ist noch bis zum 11. Juli zu sehen. Mo – Fr, 10 – 17 Uhr, Siemens AG, Basement des Hauptverwaltungsgebäudes, Erlangen

Marie Schröer

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