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Diese Schildkröte ist das Maskottchen der Ginco Awards.

© Illustration: Illustrie / Ginco Awards

Update

Ginco Awards, Rudolph Dirks Awards & Co.: Ein Comicpreis nach dem anderen

In diesen Wochen werden gleich eine Handvoll deutscher Comicauszeichnungen vergeben. Den Anfang machte am vergangenen Wochenende der Ginco Award.

In der deutschen Comicszene häufen sich zum Ende des Jahres die Auszeichnungen. Am vergangenen Wochenende sind die Gewinner*innen der Ginco-Awards bekanntgegeben worden. Dieser Preis, dessen Name für „German Inclusive / Independent Comic“ steht und der mit insgesamt 1.500 Euro dotiert ist, war im vergangenen Jahr erstmals vergeben worden. Er ist als Reaktion auf die Auseinandersetzung um die überwiegend männliche Besetzung der Jury für den Independent-Comic-Preis des Interessenverbands Comic (ICOM) entstanden.

Angestoßen hatte die Debatte die ehemalige ICOM-Jurorin und Comic-Aktivistin Eve Jay. Der Preis wurde gemeinsam von der Comic Solidarity, dem Feministischen Comic Netzwerk sowie Akteur*innen der Comic- und Mangaszene entwickelt und wird aus privaten Spendengeldern finanziert. Bei der Preisvergabe wird ein besonderer Fokus auf „Künstler*innen aus marginalisierten Gruppen“ gelegt, wie es in der Pressemitteilung der Initiator*innen heißt. Zudem solle die Arbeit unabhängiger und kleiner Verlage gewürdigt werden.

„Eine aufrichtige LGBTQ+ Geschichte zu zwischenmenschlichen Beziehungen und Neuanfängen“

Am vergangenen Wochenende wurde nun im Rahmen der Comic Invasion Berlin verkündet, wer in diesem Jahr einen Ginco bekommt. Als Bester Kurzcomic wurde „Zu Hause“ von Ilka Flanze prämiert, eine im Eigenverlag veröffentlichte Arbeit. „Mit Zu Hause erzählt Ilka Flanze eine aufrichtige LGBTQ+ Geschichte zu zwischenmenschlichen Beziehungen und Neuanfängen“, heißt es in der Laudatio der Jury. „Der Comic besticht dabei nicht nur durch eine atmosphärische Farbstimmung, ein ruhiges Tempo mit genug Pausen zur Reflexion und Liebe zum Detail, sondern auch durch die unverwechselbare, natürliche Charakterisierung aller Figuren.“ Und weiter: „Lesende lernen lebendige, komplexe Protagonist*innen kennen. Man findet sich in den Schwierigkeiten der jungen Erwachsenen wieder, die alle Neuland betreten und ihren Standpunkt im Leben suchen: Was erwarten wir von unseren Freundschaften und Beziehungen? Wie gehen wir mit Gefühlen um? Was bedeutet Unabhängigkeit? Ilka Flanze gelingt es, diese Unsicherheiten und Hoffnungen sensibel darzulegen.“

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„Muss Kunst politisch sein?“

Als Bester Langcomic wurde „Jein“ von Büke Schwarz ausgezeichnet. In dem im Jaja-Verlag veröffentlichten Buch erzähle die Autorin „klar und direkt und dennoch zeichnerisch verspielt die Geschichte der Künstlerin Elâ Wolf“, heißt es in der Laudatio. So durchdringe die Ambivalenz des Titels auch die Erzählung selbst: „Muss Kunst politisch sein? Müssen sich Künstler*innen politisch positionieren? Spielt dabei die eigene Herkunft oder die der Eltern eine Rolle? Jein!? Eine Position zwischen Ja und Nein. Eine Position, die ambivalent bleibt. Eine Ambivalenz, die nicht nur den Titel dieses großartigen Comics prägt, sondern sich tief in die Erzählung selbst eingräbt, verschiedene Seiten und Argumente zum Vorschein bringt und in der selbstreflexiven Ästhetik à la Krazy Kat ihre comicspezifische Entsprechung findet. Dieses Wechselspiel von Form und Inhalt hat uns gefallen.“

„Das Grauen wuchert in Mietwohnungen und Waschkellern“

Der Ginco für den besten fortlaufenden Comic ging an „Obscurus, Band 1: Schlafender Hund“ von Giske Großlaub (Schwarzer Turm). „Mit dem Auftakt ihrer Horrorserie Obscurus ist Giske Großlaub ein einfallsreich inszenierter, bisweilen spektakulär gestalteter Comic gelungen“, heißt es in der Laudatio. „Das Grauen der Geschichte keimt in Gekränkten und Übermütigen, die sich mit mordlustigen Dämonen einlassen, es wuchert in Mietwohnungen und Waschkellern, um sich schließlich in albtraumhaften, schwarzglühenden Phantasmagorien Bahn zu brechen. Dem Genre gemäß kann die Welt von Obscurus beklemmend und brutal sein, jedoch dreht sich diese Welt stets um die zutiefst menschlichen Belange eines faszinierenden, fein austarierten Figuren-Ensembles.“

„Ein Werk atemberaubender, visueller Poesie“

Als bester Nonfiction-Comic wurde „Milch ohne Honig“ von Hanna Harms (Eigenverlag) ausgezeichnet. Die Autorin denke „umsichtig über die Rolle der Bienen in der Natur und den rauen Einfluss industrieller Insektizide und des Klimawandels auf ihre zerbrechlichen Leben nach“, heißt es in der Laudatio. „Die sparsame Erzählung verwandelt den Comic in ein Werk atemberaubender, visueller Poesie, wobei abstrakte Muster absichtlich überlagert und aufgesplittert werden, um die Erzählung aufzubauen. Jeder Aspekt fühlt sich beabsichtigt an, von der schwarz, weiß und gelben Palette, in der der Comic koloriert ist, bis hin zu den subtilen Makeln des vollständig recycelten Papiers, auf dem das Buch gedruckt wurde. Milch ohne Honig ist ein hinreißendes Nonfiction-Werk.“

Zudem wurden vier nicht dotierte Ginco-Spotlight-Awards an Werke verliehen, die die Jury aus verschiedenen Gründen beeindruckt haben: „Ahh, das Gras auf der anderen Seite ist nicht immer grüner“ von Karina Tungari (Eigenverlag), „Auf und ab“ von Anna Backhausen (Eigenverlag), „Fungirl“ von Elizabeth Pich (Eigenverlag) und „Sumpfland“ von moki (Reprodukt).

Freitag geht es weiter

Bereits am Freitag dieser Woche, dem 4. Dezember, steht ein weiterer Preisregen an: Dann werden zum fünften Mal die Rudolph Dirks Awards verliehen, bei denen der Fokus mehr auf Mainstream- und Genre-Titeln liegt. Die Shortlist der zur Auswahl stehenden Titel findet sich hier. Die Nominierten werden erstmals im Rahmen des (digitalen) Gralinen-Salons der Stadtbücherei Bochum bekanntgegeben, der dieses Jahr seine Premiere erlebt, die Gewinner sollen dann in der Woche drauf verkündet werden.

Ab Mitte dieser Woche beginnt auch der Tagesspiegel wieder seine Kür der Besten Comics des Jahres, die aus einer gestaffelten Auswahl durch eine Jury von Tagesspiegel-Autor*innen und einer Sammlung von Leserfavoriten besteht – mehr dazu in Kürze auf www.tagesspiegel.der/comics.

Ebenfalls noch in der ersten Dezemberhälfte werden wieder die Gewinner*innen der Berliner Comicstipendien bekannt gegeben, die die Berliner Senatskulturverwaltung auszeichnet. Mehr dazu ebenfalls in Kürze auf den Comicseiten des Tagesspiegels.

Die ICOM-Preise des Interessenverbandes Comic e.V., für die im Sommer eine neue Jury und ein neues Verfahren verkündet worden waren, sollen nach mehreren Verschiebungen ebenfalls in Kürze verliehen werden. Geplant ist, sie spätestens am 17. Dezember zu bekanntzugeben. Das teilte der ICOM-Vorsitzende Burkhard Ihme dem Tagesspiegel am Wochenende mit. Die Nominiertenliste soll demnach spätestens am 14. Dezember verkündet werden.

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