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Mosaik: Von Berlin aus um die Welt

Deutsch-deutsche Bleistift-Helden: Die Abrafaxe sind zum 400. Mal unterwegs

Während ihre Leser hinter der Mauer weitgehend eingesperrt waren, erkundeten die Abrafaxe ferne Länder. Auf ihren abenteuerlichen Reisen kamen die Knollen-Nasen-Figuren Abrax, Brabax und Califax etwa durch Nordafrika, Griechenland, Südamerika und Indien. Tausende Jungen und Mädchen warten seit Jahrzehnten Monat für Monat ungeduldig auf die neue Ausgabe des Comics „Mosaik“, in dem die Abenteuer monatlich weitergehen. Zu DDR- Zeiten waren die Hefte stets Mangelware. Heute ist die Zeitschrift mit einer Auflage um die 100.000 der nach Verlagsangaben auflagenstärkste deutsche Comic.

Am 25. März begeben sich die Abrafaxe zum 400. Mal auf Erkundungstour. In den 50er Jahren hatten die DDR-Oberen nach einer sozialistischen Antwort auf West-Comics wie „Micky-Maus“ gesucht. Am 23. Dezember 1955 erschien das erste „Mosaik“. Die drei Helden hießen damals allerdings Dig, Dag und Digedag - geschaffen vom Grafiker Hannes Hegen. Die Digedags waren vor allem deshalb beliebt, weil sie keine sozialistische Propaganda verbreiteten, sondern die Leser rund um die Welt und in die unterschiedlichsten Epochen führten.

Es gab aber lange Streit um die politische Ausrichtung des Heftes, dessen Schöpfer Angestellte der DDR-Jugendorganisation FDJ waren. Hegen stieg 1975 aus. Die Reise der Digedags war daher zu Ende.

West-Schokolade im Wimmelbild

Im Januar 1976 blickten drei koboldartige Wesen mit einer riesigen Machete vom Titel des DDR- Comic-Heftes. Mit dem Titel „Das Geheimnis der Grotte“ begann die Ära der Abrafaxe. 200 Millionen Hefte mit ihnen sind nach Angaben des kleinen Mosaik Steinchen für Steinchen Verlags (Berlin) bis heute erschienen. Zu DDR-Zeiten lag die Auflage bei bis zu einer Million - und damit deutlich höher als jetzt - aber weitaus weniger, als eigentlich nachgefragt. „Wir bekamen zum Beispiel Briefe, in denen stand: «Wir sind fünf Kinder im Dorf, bekommen aber nur ein Heft!«“, berichtet die Zeichnerin Lona Rietschel, die von Anfang an dabei ist. „Es war zu wenig Papier für uns da.“ Wenn ab und an mal beim Druck der ebenfalls begehrten Kinderzeitschriften „Bummi“ oder „Atze“ Papier übrig blieb, seien mehr „Mosaic“-Hefte produziert worden.

Zeichnerin Irmtraut Winkler-Wittig berichtet, dass sie einst bei den „Wimmel“-Szenen des DDR-Kultcomics auch Verbotenes hineingezeichnet hat, etwa West- Schokolade. „Da gab es bisschen Ärger“, sagt sie. Rietschel berichtet auch, dass sich damals wie heute vor allem Jungs für die Abrafaxe interessieren. Die drei Helden unterscheiden sich in Temperament und Charakter: Abrax ist der Draufgänger, Brabax der kluge Kopf und Califax der herzliche Gemütsmensch, der gerne gut isst und kocht. Warme Füße sind ihm wichtiger als große Heldentaten. „Die Drei sind gut, lieb und hilfsbereit - und das sollte sich durchsetzen!“, wünscht sich Rietschel.

Das Trio hat Leser in 20 Ländern der Welt - etwa in Portugal, China und Griechenland. In Deutschland ist der Osten noch immer ihre Domäne. Zwei Drittel der bundesweit verkauften Hefte werden in den neuen Bundesländern gelesen. Und immer wieder wird der Wunsch geäußert, die Abrafaxe mögen doch auch einmal die DDR erkunden. Doch das lehnen die Macher, die die bunten Bilder noch immer mit Bleistift vorzeichnen, ab. „Das ist nicht möglich, weil wir diese Zeit ja selbst erlebt haben“, sagt Redaktionsleiter Jörg Reuter.

Mehr im Internet unter www.abrafaxe.com.
dpa

Sophia-Caroline Kosel

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