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© Illustration: CrossCult

Science-Fiction-Comic: Draußen ist feindlich

Der futuristische Thriller "Surrogates" ist eine beeindruckende Parabel auf die schöne neue Digitalwelt. In Kürze kommt die Geschichte mit Bruce Willis in der Hauptrolle ins Kino - aber auch für sich alleine ist das Buch ein kraftvolles Werk von erzählerischer Wucht.

Es ist etwas faul in Central Georgia Metropolis. Irgendetwas Grundsätzliches stimmt nicht. „Lebt!“, sagt der gesichtslose Killer, als er einem Pärchen in einer dunklen Seitenstraße ein paar Tausend Volt in die Körper jagt. „Lebt“, und nicht etwa „sterbt“. Nichts desto trotz liegen der Mann und die Frau dann tot im Rinnstein.

„Draußen ist feindlich“ war der Titel eines Songs der Einstürzenden Neubauten aus dem Jahr 1981. Das war zwar schon damals Quatsch, weil die meisten Unfälle von jeher im Haushalt passierten, und die Mehrzahl aller Morde Beziehungstaten waren – aber Angst ist ja bekanntlich nicht das rationalste aller Gefühle.

Rauchen ohne Lungenkrebs, One-Night-Stands ohne Aids

Deshalb wundert es wenig, dass diese Parole der Paranoiden anno 2054, dem Jahre in dem Robert Vendittis Comicerzählung „The Surrogates“ angesiedelt ist, allgemeine Gesellschaftsauffassung geworden ist.

Aus Angst vor Gewalt, Unfällen und Krankheiten verlässt kaum noch jemand seine Wohnung. Stattdessen schicken die Menschen humanoide Roboter, eben jene Surrogaten, auf die Straße, in die Büros und sogar zu Verabredungen.

Angedockt an einen Virtual-Reality-Helm haben die Menschen von zu Hause aus an den Empfindungen und Sinneseindrücken ihrer Stellvertreter teil. Und so können sie rauchen ohne Angst vor Lungenkrebs, One-Night-Stands haben ohne Sorge vor Aids.

Gestaltet werden können die Surrogaten dabei wie gewünscht. Wer dick ist, kann schlank sein. Wer alt ist, kann jung sein. Männern sind Frauen, weiße sind schwarz „Das Leben… nur besser“, werben die Hersteller der Roboter. Es ist eine Welt der Eitelkeiten, die der Zeichner Brett Weldele konsequent in an Aquarell-Modeskizzen erinnernde Computerbilder umgesetzt hat.

Dieser Welt jedoch hat nun ein mysteriöser blitzeschleudernder Hüne den Krieg erklärt. Sein Plan: Die Surrogaten ausschalten, um die Menschheit wie ein zeusgewordener Adorno mit aller Gewalt daran zu erinnern, dass es doch gar kein richtiges Leben im falschen gibt.

Verschwimmende Identitäten im digitalen Raum

Es ist nicht schwer, diesen Science-Fiction-Krimi - dessen Kinoverfilmung mit Bruce Willis in der Hauptrolle im Januar kommenden Jahres bei uns anläuft - als Parabel auf Sozialparanoia, Schönheitswahn und das Verschwimmen von Identitäten im digitalen Raum zu lesen. Dass die erzählte Geschichte so ähnlich schon in Klassikern von Philip K. Dick und Filmen wie Matrix erzählt wurde, und sich auch noch kräftig am Werk Alan Moores abarbeitet, raubt ihm wenig Kraft. Der Plot ist packend erzählt, die Charaktere sind eben solche und ihre Welt ein geschlossenes Universum.

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Zwischen den Fronten. Bruce Willis spielt die Hauptrolle in der Verfilmung von "Surrogates", die im Januar in Deutschland ins Kino kommt.

© promo

Das liegt nicht zuletzt an den zwischen den Kapiteln eingefügten Pseudo-Zeitungsartikeln, -Aufsätzen und -Werbeanzeigen, wie wir sie aus „Watchmen“ kennen.

Etwas arg romantisch geraten ist nur die gegen Ende doch arg naive Echt-gleich-gut-und-künstlich-gleich-böse-Dichotomie. Da wäre ein bisschen weniger Schwarz-weiß schön gewesen. Genauso wie etwas mehr Liebe zum Detail bei der Übersetzung der Prosa-Passagen. Die wirken gelegentlich ein wenig sperrig. Nichts desto trotz: ein Werk von beeindruckender Dichte und erzählerischer Wucht.

„The Surrogates“ von Robert Venditti und Brett Weldele, 208 Seiten, Cross-Cult, 26 Euro. In Amerika ist mit „The Surrogates: Flesh and Bone“ bereits das Prequel erschienen. Weitere Bücher sind in Planung. Mehr zu dem Titel und Leseprobe unter diesem Link.

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