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Straße der Besten: Eine Szene aus "Adler ohne Krallen".

© Schreiber & Leser

Sport im Comic: Von der Tour gezeichnet

Von Historiendramen bis Humorstrips: Die Tour de France ist auch als Comic-Thema populär. Doping und Skandale spielen dabei nur eine Nebenrolle.

Die Leidenschaft für die Tour de France - die an diesem Sonnabend erneut beginnt - packte Christian Lax in seiner frühen Kindheit, damals in den 50er Jahren. Bis heute fasziniert den französischen Autor und Zeichner die Hingabe der Radsport-Helden, die bei Wind und Wetter ihre Körper zu Höchstleistungen zwingen. So sehr, dass der in Lyon lebende Künstler, der selbst begeisterter Tourenradler ist, dem bedeutendsten Radrennen der Welt in den vergangenen Jahren gleich mehrere längere Comic-Erzählungen gewidmet hat. Darin lässt der 63-Jährige die Helden seiner Jugend aufleben und verbindet reale Ereignisse aus den Anfangsjahren der 1903 gestarteten Tour mit fiktiven Elementen.

Seine Comic-Erzählung „Adler ohne Krallen“ (Verlag Schreiber & Leser, 76 Seiten, 18,80 Euro) ist vor dem Ersten Weltkrieg angesiedelt und spielt zwischen 1907 und 1914. Im Zentrum steht der junge Antoine Fario, ein Lastenträger aus einem Pyrenäen-Dorf. Dieser fiktive Held tritt als Einzelfahrer gegen die realen Helden jener Zeit wie François Faber und Lucien Buysse an – Rahmenhandlung eines packend erzählten und elegant getuschten Dramas in nostalgischen Pastelltönen, in dessen Verlauf sich die vom Radfahren besessene Hauptfigur auch von schweren Rückschlägen nicht abschrecken lässt, ja sogar als „Adler von Esponne“ zum Hoffnungsträger der Tour aufsteigt – bis die Geschichte eine unerwartete Wendung nimmt.

Immer wieder haben vor allem frankobelgische Comicautoren die Große Schleife des Radsports in kurzen Strips oder längeren Alben behandelt und ihren Teil zur Glorifizierung der „Grande Armee“ beigetragen, wie Christian Lax die Tourteilnehmer ehrfurchtsvoll nennt.

In der Regel zeichnen diese Comics ein romantisch-abenteuerliches Bild des Rennens, in denen sich zähe Kerle durch Felslabyrinthe und über steinige Hügel quälen. Oder sie nutzen das Thema als Vorlage für eine Geschichte, die mit dem eigentlichen Rennen nur noch entfernt zu tun hat, wie das Asterix-Album „Tour de France“. Schattenseiten wie die ständigen Dopingskandale sind bei den meisten Comics höchstens am Rande Thema.

Stattdessen werden das Tempo, die Härte und die Kompromisslosigkeit der Rennfahrer gefeiert, mal nostalgisch verklärt, mal karikierend überdreht. Oder die Tour gibt lediglich den Ausgangspunkt ab für eine fantastische Geschichte. So wie vor ein paar Jahren bei dem für den Oscar nominierten Zeichentrickfilm „Das große Rennen von Belleville“. Damals nutzte der französische Regisseur Sylvain Chomet die Tour als Aufhänger einer rasanten Story über einen angehenden Radprofi, der in eine abenteuerliche Verschwörung verwickelt wird.

Volles Risiko: Dieser Band versammelt Geschichten, die erstmals 1955 erschienen.
Volles Risiko: Dieser Band versammelt Geschichten, die erstmals 1955 erschienen.

© Graton Editeur

Der Trend zur Würdigung der Tour im Comic begann bereits in den 1950er Jahren. So nutzte der auch in Deutschland populäre Zeichner André Franquin 1954 das Rennen als Hintergrundhandlung für seine Serie „Spirou und Fantasio“. Auch der belgische Zeichner Jean Graton („Michel Vaillant“) siedelte seine Erzählungen immer wieder im Umfeld der Tour de France an.

In letzter Zeit nahm die Zahl der Tour-Comics noch zu – unberührt vom zumindest außerhalb Frankreichs ramponierten Image der Rundfahrt. Alleine in den vergangenen Jahren sind ein Dutzend gezeichneter Erzählungen hinzugekommen, die die in Frankreich und den Benelux-Staaten bis heute kaum gedämpfte Begeisterung für das Rennen reflektieren und sich fast durchweg in eine von zwei Kategorien einteilen lassen: Historiendrama und Humorcomic.

Manisch: Diese Serie ist eine der humoristischeren Annäherungen an die Tour.
Manisch: Diese Serie ist eine der humoristischeren Annäherungen an die Tour.

© Bamboo

Das 2009 veröffentlichte historische Drama „Le tour des géants“ von Nicolas Debon zum Beispiel führt ähnlich wie „Adler ohne Krallen“ in die Frühzeit der Tour. In eleganten, an historische Werbegrafiken erinnernden Bildern erzählt Debon vom Rennen 1910, das als eines der härtesten der Geschichte gilt. Neben seiner Bewunderung für die Pioniere des Radsports lässt er aber auch kritische Töne anklingen und erzählt von Doping, Betrug und schmutzigen Tricks gegen Konkurrenten, die zum Alltag der „Zwangsarbeiter der Straße“ gehören, wie der Journalist Albert Londres 1924 die Tourfahrer in einem vielzitierten Artikel nannte.

Unbeschwerter gehen Witz-Comics wie die Albenreihe „Les Vélo Maniacs“ von Alain Julié und Jan Luc-Garrera mit den Problemen um. Im Mittelpunkt ihrer pointenreichen Gag-Episoden steht ein Team von fünf Radlern, deren unterschiedliche Charaktere Quelle endloser Witzchen sind. Die Dopingproblematik begegnet einem hier am ehesten in Gestalt eines vom Rotwein beseelten Radlers, der in Schlangenlinien zum Sieg fährt.

Weitere Tagesspiegel-Artikel über die Tour de France finden Sie hier.

Anmerkung: Der Artikel wurde erstmals im Juli 2012 veröffentlicht und jetzt aus aktuellem Anlass leicht überarbeitet.

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