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Tom

© Kleist-Heinrich

Thomas Körner: Der Brettnässer

In seinen Comics warnt Thomas Körner vor den Gefahren des Zehn-Meter-Sprungs. Ist das nur Spaß oder hat der Zeichner gar Höhenangst?

Wer im Freibad vom Zehner springt, sollte nicht zu tief ins Becken eintauchen. Er könnte sich böse verletzen – an den Knochenhaufen der verunglückten Sonntagsspringer, die hier bereits ihr Leben lassen mussten. Diese Argumentation hat etwas Logisches, jedenfalls im Universum des Comiczeichners Thomas Körner. Unter dem Künstlernamen „Tom“ veröffentlicht der Berliner seine kurzen Bildergeschichten täglich in der „Taz“ und in mehreren Regionalzeitungen. Eine seiner beliebtesten Figuren ist dabei der kleine Junge am Beckenrand, immer mit Schirmmütze, Sonnenbrille und Badehose bis über den Bauchnabel gezogen. Weil der panische Angst vor dem Zehn-Meter-Brett hat, erfindet er ständig neue Ausreden, um nicht springen zu müssen. Ob es Körner auch so geht?

Ein Besuch im Sommerbad Wilmersdorf. Hier steht ein Zehner unter freiem Himmel, auch im Sommerbad Neukölln und am Olympiastadion gibt es welche. Schon von Weitem stöhnt der 48-Jährige, wie gewaltig der Turm in die Luft ragt. Und nur widerwillig setzt er sich auf das Brett – das Ein-Meter-Brett nebenan wohlgemerkt. „Wir Menschen sind nicht dafür gebaut, aus großen Höhen zu springen“, sagt Körner und grinst etwas gequält. „Ich mache so was nicht.“

Die schrägen Begründungen seiner Comicfigur sind natürlich nur Spaß, sagt er. Zum Beispiel, dass der Aufprall auf der Wasseroberfläche dem Schlag eines Schwergewichtsboxers entspreche und zwangsläufig zur Verblödung führe. Oder dass sich beim Fall aus zehn Metern der vordere Hirnlappen erwärme – durch den Luftwiderstand und die Reibungshitze.

Ach ja: Die alten Römer hätten die Türme übrigens zum Hinrichten ihrer Gefangenen genutzt. Und dann angefangen, die Becken zu chloren, damit das Gemetzel hygienischer wird. Man darf ihn bitte nicht falsch verstehen, sagt Körner. Der Mann liebt Schwimmbäder. Etwa das Prinzenbad, wenn es bloß nicht so überfüllt wäre. Körner war schon als Kleinkind dauernd im Schwimmbad. Und hatte ungeheuren Respekt vor den Bademeistern, „den wichtigsten Autoritätspersonen in meinem Leben gleich nach den Eltern“. Sie kommen auch in seinen Comics vor, zu erkennen an den T-Shirts mit „DLRG“-Schriftzug. Zur Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft pflege er gute Kontakte, sagt Körner. Wenigstens mit der Jugendabteilung. Die Älteren fänden seine Comics nicht so lustig.

Neben dem springunwilligen Jungen zeichnet Körner noch rund 20 andere Figuren. Darunter einen faulen Postbeamten, eine Wahrsagerin, einen Jungen, der seine Sandburg verteidigt. Und die Frau, die in ihrer Freizeit am liebsten Bäume umarmt. Fast 4900 Comics hat er inzwischen fertig. Dabei begann seine Zeichnerkarriere erst mit 29. Körner hatte gerade sein Politikstudium abgebrochen und nach eigener Aussage „einen echten Hänger“ im Leben. Aber weil er erstens oft vor sich hinkritzelte und zweitens gerne Blödsinn machte, rieten ihm Freunde, es mit Comics zu probieren.

Irgendwann hatte er die Idee mit dem Jungen am Beckenrand. Ob der eines Tages doch mal einen Sprung wagt, will Thomas Körner nicht sagen. Er selbst würde ja gerne mal von oben die Aussicht genießen. Nur kurz gucken und dann wieder runterklettern. Aber es wäre ihm peinlich. Wer das mache – zumal in einem gut besuchten Sommerbad – sei „gesellschaftlich tot“, sagt Körner. Deswegen hat er sich ein anderes Hobby zugelegt: das Besteigen von Kirchtürmen.

Tom
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© Karikatur: Tom

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