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Wie hängen Trauma und Kostüm zusammen? Eine der Grafiken aus dem Buch.

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Tim Leongs „Super Graphic“: Das Pinkelverhalten als Kurvendiagramm

Super unnützes Wissen, super aufbereitet: Tim Leongs „Super Graphic“ führt in Form von Infografiken durch die Welt der Comics. Dabei lassen sich viele kuriose, aber gut recherchiert Fakten entdecken.

Comics erzählen Geschichten mit Worten und Bildern. Das Buch „Super Graphic“ erzählt mit Worten und Bildern von Comics. Anhand statistischer Darstellungsformen wie Tabellen, Säulendiagrammen oder thematischen Karten offenbart sich in dem kürzlich beim US-Verlag Chronicle Books erschienenen Band ein Universum – ein Universum aus Hintergrundwissen über Comics, Comic-Geschichte und Comic-Figuren.

Infografiken über Superhelden der Verlagshäuser DC und Marvel überwiegen zwar in dem Band; sie nehmen mehr als ein Drittel des Buches ein. Europäische Klassiker, nordamerikanische Indie-Comics und die Werke berühmter Mangaka sind dem Verfasser Tim Leong aber ebenfalls ein Begriff und haben Einzug in „Super Graphic“ gefunden. Man merkt schnell, dass der Autor nicht nur gut recherchiert hat, sondern generell weiß, wovon er spricht.

Wieviel Bein zeigte Wonder Woman?

Natürlich ist der Einwand zulässig, dass der Band nichts weiter bietet als unnützes Wissen, zugeschnitten auf eine Randgruppe. Allerdings hält man mit „Super Graphic“ ein Buch in Händen, in das man sich als Comic-Leser sofort vergucken kann.

„Super Graphic“ verbindet wissenschaftliche Akribie mit gestalterischer Kreativität und nerd-haftem Enthusiasmus. So wird auf zwei Seiten aufgezeigt, womit die Bat-Gürtel der Jahre 1952 und 1968 bestückt waren. Anhand eines Venn-Diagramms wird dargestellt, welche typischen Eigenschaften und Erlebnisse sich berühmte und weniger berühmte Superhelden teilen. Ein „Po-ordinatensystem“ gibt Aufschluss über die Beschaffenheit der Hinterteile diverser VertreterInnen des Crumb'schen Comix-Kosmos. Säulendiagramme stellen dar, wie viel Bein Wonder Woman in 70 Jahren Comic-Geschichte gezeigt hat.

Liebevoll editiertes Comic-Kuriositäten-Kabinett

Eine Skala macht ersichtlich, inwiefern einige ausgewählte Chris Ware-Werke zwischen bloßer Traurigkeit und abgrundtiefer Depression rangieren. Eine Weltkarte zeigt die Reiserouten von Tim und Struppi. Anhand von Kreisdiagrammen werden die Beläge der Pizzen dargestellt, die die Teenage Mutant Ninja Turtles verputzten. Und anhand zweier Kurven wird das Pinkelverhalten von Bill Wattersons Calvin den diesbezüglichen Erfahrungswerten des Autors gegenübergestellt.

Ein Fest für Fans: Das Buchcover.
Ein Fest für Fans: Das Buchcover.

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Dies sind nur einige Beispiele aus Leongs liebevoll editiertem Comic-Kuriositäten-Kabinett. In einem Interview hat der Grafiker die Frage, warum er das Buch geschrieben und entworfen hat, mit einer Gegenfrage beantwortet: „Warum sollte man keine Infografiken über Comics erstellen?“ Eben, möchte man ihm angesichts der knapp 200 schön gestalteten Seiten erwidern, denn Leong versteht sein Handwerk. Aktuell verdingt er sich als Design Director der Zeitschrift „Fortune“. Davor hat er das Digital Design-Ressort der Zeitschrift „Wired“ geleitet. Und davor wiederum war er für das Design der Zeitschrift „Complex“ zuständig. 2008 war Leong, der mit Comic Foundry ein eigenes Comic-Magazin herausgegeben hat, für den Eisner-Award für den besten Comic-Journalismus nominiert. Mit „Super Graphic“ dürfte ihm erneut eine Nominierung gewiss sein.

Tim Leong: Super Graphic. Chronicle Book, 192 Seiten, ca. 14 Euro.

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