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Zahltag. In „Losers“ richtet sich eine Gruppe ehemaliger Söldner gegen ihren einstigen Auftraggeber - den Staat.

© Illustration: Jock/Panini

Verschwörungs-Thriller: Die Jungs fürs Grobe

Die Action-Thrillerserie „Losers“, deren Verfilmung in Kürze ins Kino kommt, hat viele Knalleffekte zu bieten – und erzählt dabei eine überraschend politische Geschichte.

Der Vertigo-Verlag hat sich in den vergangenen Jahre zu einer wahren Trendschmiede entwickelt und vor allem dem aktuellen politischen Comic eine neue Heimat zugewiesen, neben Brian Wood (DMZ) & Brian K. Vaughan (Ex Machina / Löwen von Bagdad)  glänzt dort nun ein neuer Wilder mit seiner gesellschaftskritischen Bilderstürmerei - Andy Diggle. Der britische Autor mit 2000-AD-Autorenadelung, hat auch schon bei „Hellblazer: Lady Constantine“, „Daredevil“ und „Thunderbolts“ seinen unverkennbar eigenen Radierer geschwungen und nun wirft er einen sehr galligen, knallharten und selten ironischen Brocken von Verschwörungscomic auf den Markt – „Losers“, ein programmatischer Titel, wie sich noch zeigen wird.

Gemeinsam mit dem sowohl illustrativ als auch atmosphärisch wirkungsmächtigen Jock (Mark Simpson), der einen weiteren sehr britischen Impuls bei Vertigo einbringt, erzählt Diggle von den schmutzigen Geheimoperationen von inoffiziellen Regierungskräften - ein Spezialkommando ohne diplomatische Rückdeckung für die blutige Drecksarbeit eben.

Richtig schmutzige Jobs im Namen von Ehre, Freiheit, Ruhm und Zaster

Was an „Losers“ (dessen Verfilmung in Kürze auch in Deutschland ins Kino kommen soll) überzeugt, ist nicht die tausendfach ausgetestete Zugkraft von unentdeckten Verschwörungen und anderem konspirologischem Zierrat, sondern eben die Möglichkeit diesen Comic mindestens zweifach zu lesen. Einerseits kann dies alles nur ein actionreiches Szenario für Knalls und Bumms sein, bei dem etliche Automobile, Flugzeuge und Werkhallen in Flammen aufgehen - aber gleichzeitig ist die Serie auch verdammt nah dran an der widerlichen Realität aktueller Geheimdienstaktionen, wie die Ankündigung der Ausweitungen der verdeckten Aktionen im so genannten  „Krieg gegen den Terror“ eindrücklich beweist.

Es könnte also sein, dass wir einem begnadeten Storyboarder und seinem talentierten Mitzeichner über die Schultern schauen und eine exzellent erfundene Geschichte verfolgen können - oder aber die grafische Umsetzung und gallige Kommentierung faktischer Politikstrategien. Egal wie man ihn lesen mag, eins bleibt bestehen - dieser Comic hat Qualität. Dies hat man schon 2004 erkannt, als er als bester neuer Comic für die Eisner Awards nominiert wurde. Inzwischen ist die fünfteilige Serie seit 2006 in den USA abgeschlossen, und Panini bringt nun die deutsche Fassung auf den Markt.

Knallhart. Cover des ersten Sammelbandes, der jetzt auf Deutsch erschienen ist.
Knallhart. Cover des ersten Sammelbandes, der jetzt auf Deutsch erschienen ist.

© Panini

„Losers“ handelt von einer Gruppe von staatlich gedrungenen Söldnern, natürlich ganz ohne aktuelle Kenntnisnahme durch eben diesen Staat, die im Namen von Ehre, Freiheit, Ruhm und Zaster die richtig schmutzigen Jobs erledigen. Unliebsame Personen in Flugzeuge verladen (und auch herauswerfen), in Ungnade gefallene Hurensöhne liquidieren, Dope schmuggeln - solche Dinge eben. Nun hat der Staat, der diese grenzwertigen militärischen Dienstleistungen in Anspruch nahm, genug von seiner Gruppe fürs Grobe und kündigt deren Schutz auf. Resultat: Die Söldner sind plötzlich die Verlierer, Losers eben, und müssen sich ihrer Haut erwehren. Der Kniff der Story: Statt sich in klandestinen Verstecken zu verbuddeln und das Ende der Hetzjagd abzuwarten, drehen sie eben den Spieß um und attackieren den Staat auf seinem eigenen Territorium.

Nichts ist unmöglich in der Politik - solange es geheim bleibt

In Kombination mit der hochwertigen militärischen Ausbildung, dem Wissen um die neuralgischen Punkte der Landesverteidigung und die dunklen Kanäle der Schattenpolitik machen diese Attacken sie natürlich hochgefährlich. So zerbomben sie hier und da ein paar Hangars, stehlen Hunderttausende von Dollars, die durch Drogengeschäfte (mit staatlicher Duldung) erwirtschaftet wurden und decken die ein oder andere großzügige Finanzhilfe für afrikanische Despoten auf ... alles nur um eine gleichberechtigte Verhandlungsposition mit dem Koordinator ihrer Jagd aufzubauen.

„Losers“ lebt von seiner kompromisslosen, harten zynischen Note, nichts ist unmöglich in der Politik, solange es geheim bleibt. Es bleibt dem Leser überlassen seine Schlüsse zu ziehen - phantasievolle Actionbespaßung oder scharfzüngige Militärkritik im Gewand eines Unterhaltungsmediums.

Andy Diggle/Jock: The Losers, bislang ein Sammelband auf Deutsch bei Panini, 164 Seiten, 16,95 Euro, mehr unter diesem Link.

Mehr von unserem Autor Markus Dewes finden Sie auf seinem Blog derdigitaleflaneur.blogspot.com, mehr seiner Beiträge für den Tagesspiegel gibt es unter diesem Link.

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