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Schall und Raum. Das 2012 entstandene Gemälde "Actions: Splashhh Splosh" des US-Künstlers Christian Marclay.

© Paula Cooper Gallery, Coll. Levine, Weserburg

Warhol, Lichtenstein & Co.: Doppelter Boden - Comics in der Kunst

Superman als Performance, Tim und Struppi als Parallelmontage: Viele andere Kunstformen wurden vom Comic inspiriert. Die Bremer Ausstellung "Kaboom!" zeigt, wie.

Bang, Grrr, Pow - nicht zuletzt wegen ihrer oft lautmalerischen Sprache erscheinen viele Comics leicht zugänglich, Künstler wie Roy Lichtenstein und Andy Warhol haben Comic-Elemente auf die Leinwand gebracht. Inwieweit sich die Formensprache von Comics jedoch auch trefflich als Mittel der Camouflage eignet, zeigt nun das Bremer Museum Weserburg mit der Ausstellung "Kaboom!". Mehr als 80 Werke von mehr als 30 internationalen Künstlern, die sich von Bildgeschichten inspirieren ließen, wurden dafür gesammelt. Die Bandbreite der Exponate reicht von Gemälden über Skulpturen und Installationen bis hin zu Videoarbeiten.

Superman, der erste Superheld der Comicgeschichte, der vor 75 Jahren seinen ersten Auftritt hatte, wird in mehreren Arbeiten als Übermensch infrage gestellt. Da ist zum einen die Computerinstallation "Infinite Melancholy" des amerikanischen Künstlers Jordan Wolfson. Er entwirft in einer 3-D-Animation einen visuellen Teppich aus der unendlichen Wiederholung des Namens "Christopher Reeve": Ein Spiel mit dem Bildergedächtnis des Betrachters, der im Kopf Reeves Superman-Darstellung und gleichzeitig den nach einem Reitunfall an einen Rollstuhl gefesselten Schauspieler sieht.

In einer zweiten Arbeit ist das stark lädierte Superman-Kostüm des Künstlers William Pope.L zu sehen. Der US-Amerikaner robbte für sein Video "The Great White Way, 22 miles, 9 years, 1 street, 2001 - ongoing" durch Manhattan. Der Mythos der Unverwundbarkeit der USA: gebrochen, einmal mehr nach dem 11. September 2001.

Dieser Superman ist nicht weiß, er kann nicht fliegen, ist nicht schnell und keinesfalls ist er unverwundbar. Auch in dieser irritierenden Kunstaktion wird zwar die Ästhetik des Comics übernommen, das bekannte Terrain dann aber rasch verlassen und auf den Boden der Tatsachen verlegt: Die Subversion erleichtert den Einstieg in ein künstlerisches Geschehen.

"Wir zeigen hier keine Comic-Hefte oder Bücher", sagt Kurator Ingo Clauß zum Ausstellungskonzept, "es geht um Comics als Medien neuer Ausdruckskunst." Es geht um Comics als Psychogramme der Gesellschaft, die zunächst an Wertesysteme stereotyp anknüpfen, um diese dann infrage zu stellen.

Gebrochener Mythos: William Pope.L robbte für sein Video "The Great White Way, 22 miles, 9 years, 1 street, 2001 - ongoing" durch Manhattan.
Gebrochener Mythos: William Pope.L robbte für sein Video "The Great White Way, 22 miles, 9 years, 1 street, 2001 - ongoing" durch Manhattan.

© Pruznick / Grey / Weserburg

Dieses Verfahren ist nicht ganz neu, Roy Lichtenstein hat es mit seiner Brechung der Begriffe von Hoch- und Trivialkunst in der Pop-Art vorgemacht. Doch in der Weserburg geht es nicht allein um neue Bilderwelten für das Museum, es geht immer auch um das Spiel mit dem doppelten Boden. In der Collage "Land of Black Gold IV" von Siemon Allen wurden zwei Fassungen ein- und derselben Geschichte aus dem Tim- und Struppi-Band "Im Reiche des schwarzen Goldes" miteinander verschnitten und die Texte aus den Sprechblasen entfernt. Mehrere Protagonisten der 1950 veröffentlichten Geschichte wurden 1970 für eine Neuveröffentlichung aus politischen Gründen ausgetauscht - aus den Briten in Palästina wurden Araber, die im fiktiven Emirat Khemed leben. Beide Fassungen hat der Südafrikaner Allen nun parallel in einem Wandbild angeordnet. Ein schöner Nebeneffekt dieser auch sehr politischen Ausstellung: Die Besucher können viel darüber lernen, wie Comics funktionieren.

Ausstellung "Kaboom!" bis 6. Oktober im Museum Weserburg. Di-So 11-18 Uhr, Do 11-20 Uhr, Eintritt 8 Euro. Der opulent bebilderte Katalog kostet 29,90 Euro. Weitere Informationen auf der Website des Museums.

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