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Wandelnde Tote. Robert Kirkmans Zombie-Epos "The Walking Dead" umfasst inzwischen mehr als 140 Hefte.

© Illustration: Cross Cult

Wie aus Comics Hörspiele werden: Bilder fürs Ohr

Comics erzählen visuell. Kann man sie vertonen? Schon – aber mit durchwachsenen Ergebnissen.

Die Schwierigkeit der Aufgabe offenbart sich schon bei einem nur flüchtigen Blick auf das Ausgangsmaterial. Auf den ersten sechs Seiten von Robert Kirkmans Zombie-Epos „The Walking Dead“ befinden sich 31 Panels. In 15 davon wird kein Wort gesprochen. In drei weiteren werden nur Laute wie „Keuch!“, „Ahh!“ oder „Uungh“ ausgestoßen. Die Geschichte des Polizisten Rick Grimes, der aus dem Koma in einer von Untoten bevölkerten Welt erwacht, erzählt sich in dieser Sequenz stark über Bilder. Auch hier zeigt sich: Comics sind selten eine ideale Grundlage, um daraus Hörspielproduktionen zu fertigen.

Gemacht wurde es trotzdem immer wieder, seit „The Adventures of Superman“ im Jahre 1945 erstmals im US-Radio ausgestrahlt wurden. Jüngstes Beispiel: eben jene Hörfassung von „The Walking Dead“ (Lübbe Audio, bislang vier Folgen), die abermals die Frage aufwirft, wie man ein Medium, das vom bildlichen Erzählen lebt, in eines transferiert, das keine Bilder kennt?

Wenig Bilder, viele Worte

In dem man ganz viele Worte benutzt, lautet die Antwort der Produzenten oft. Das aber verursacht zwei Probleme. Erstes Problem: Was in der Bildergeschichte von den Augen gesehen wird, muss im Hörspiel von einem Erzähler vorgetragen werden. Nur wenige Produktionen wie beispielsweise die Maritim-Umsetzung von „Tim und Struppi“ aus den 80er Jahren verzichten darauf. Ein solcher Erzähler aber braucht Raum. Auch bei den „Walking Dead“. Zum Lesen der erwähnten sechs Seiten braucht man eine gute Minute. Die Hörfassung braucht für dieselbe Geschichte fast fünf. Das Tempo der Erzählung wird also zwangsläufig gedrosselt.

"The Walking Dead" - Das Cover der aktuellen Produktion von Lübbe Audio.
"The Walking Dead" - Das Cover der aktuellen Produktion von Lübbe Audio.

© Lübbe Audio

Zweites Problem: Der Zwang zur Beschreibung führt dazu, dass die handelnden Figuren ständig Selbstgespräche führen oder sich gegenseitig Sachverhalte erläutern, die ihnen längst bekannt sein dürften: „Und wenn einer von denen abhaut und dazu noch ne Karre klaut, wer muss sie dann jagen? Wir. Die örtliche Polizei, die keine Kohle hat und keine Unterstützung bekommt“, doziert Polizist Rick einmal. So redet kein Mensch. Schon gar nicht, wenn er gerade von einem Gangster beschossen wird.

Hektik und Überschwang

In diesen Punkten unterscheiden sich die „Walking-Dead“-Hörspiele, bei denen es sich um die Übersetzung einer polnischen Produktion handelt, wenig von anderen Comic-Audiodramen. Wohl aber im Ton. Denn oftmals wurde „Comic“ von Hörspiel-Produzenten verstanden als grell und plakativ. Manchmal klappt das. Die sich an ein deutlich jüngeres Publikum richtenden Abenteuer des „ultimativen Spider-Man“ (Kiddinx, bislang neun Folgen) beispielsweise, die auf der gleichnamigen Disney-Zeichentrickserie basieren, sind sehr hektisch geschnitten, bilden so aber treffend den jugendlichen Überschwang der Figur ab. Die in den Jahren 2008 bis 2010 vom Label Lausch aufwendig inszenierten „Hellboy“-Hörspiele hingegen wirken mit der erschlagenden Geräuschkulisse und den auf cool getrimmten Dialogen etwas bemüht.

Hektik als Programm. "Der Ultimative Spider-Man" von Kiddinx.
Hektik als Programm. "Der Ultimative Spider-Man" von Kiddinx.

© Kiddinx

Im Vergleich dazu kommt „The Walking Dead“ nun fast zahm daher. Die Schockeffekte sind dezent. „Rick konnte das Lager jetzt deutlich sehen. Ein dutzend Autos und Wohnmobile, zwischen denen Menschen zu erkennen waren“, säuselt der Erzähler. Dazu erklingen gezupfte Gitarrentöne. Das hat mehr von „Hanni und Nanni“ als von „Die Nacht der lebenden Toten“.

Innere Monologe und verstellte Stimmen

Besonders geeignet für das Hörspiel erscheint bei der Berücksichtigung der eingangs beschriebenen Problematik eine bestimmte Figur: Batman. Seine Autoren bedienten sich zur Auslotung der verletzten Seele des oftmals einzelgängerischen Selbstjustiziars seit Jahr und Tag des inneren Monologs. Das heißt aber nicht, dass Hörspiele mit dem Rächer im Fledermauskostüm automatisch funktionieren. Verstellte Stimmen, dilettantisches Overacting und bizarre Dialoge machten eine ab 1989 von OHHA produzierte neunteilige Reihe unhörbar. Wie man es macht, zeigte 1994 die britische BBC mit einer Adaption des Mehrteilers „Knightfall“. Düster klang das, schwer und erdrückend, aber eben auch professionell.

Der Mann in Schwarz. Folge 1 der Batman-Adaption von Highscore Music.
Der Mann in Schwarz. Folge 1 der Batman-Adaption von Highscore Music.

© Highscore Music

Aktuell widmet sich das Label Highscore Music dem „Batman“. Seit 2013 sind 13 Folgen erschienen, die den Fokus deutlich auf die Action legen, Geschrei, Fanfaren, Knall- und Rumseffekte inklusive. Auch hier gibt es etliche sprachliche Redundanz, aber man kann den Machern nicht vorwerfen, nicht aus den Fehlern ihrer Vorgänger gelernt zu haben. Die Grundlage der ersten sieben Produktionen waren keine Comics – sondern „Batman“-Romane.

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