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Komplexe Angelegenheit: Ein Strip aus „Abteilung für irre Theorien“. Für Komplettansicht auf Plus-Symbol klicken.

© Edition Moderne

Wissenschaftscomics von Tom Gauld: Weltfremde Forscher und explodierte Experimente

Der britische Cartoonist Tom Gauld macht sich in seinem Buch „Abteilung für irre Theorien“ mit liebevoller Ironie über den Wissenschaftsbetrieb lustig.

Was sind die letzten Gedanken einer Raumsonde vor der Abschaltung? Worüber plaudern zwei Urzeit-Insekten in Bernstein den ganzen Tag? Und was wäre, wenn Darwin seine Evolutionstheorie zuerst auf Facebook publiziert hätte?

Diesen und anderen Fragen der Wissenschaft, die einem schon immer unter den Nägeln brannten, die man aber nie zu stellen gewagt hat, geht Tom Gauld („Kochen mit Kafka“) in seinem jüngsten Buch „Abteilung für irre Theorien“ (aus dem Englischen von Christoph Schuler, Edition Moderne, 160 S., 19,80 €) überaus kurzweilig nach.

Visionär: Ein weiterer Strip aus „Abteilung für irre Theorien“.
Visionär: Ein weiterer Strip aus „Abteilung für irre Theorien“.

© Edition Moderne

Seit 2015 veröffentlicht der britische Cartoonist wöchentlich einen Comicstrip im Magazin „New Scientist“, von denen nun 150 erstmals auf Deutsch erscheinen.

Liebevoll und mit viel Understatement macht Gauld sich über den Wissenschaftsbetrieb und dessen Weltferne lustig, entwirft Geschenkpapier für Forscher oder zeigt, wo geometrische Formen Urlaub machen. Aber auch andere kriegen ihr Fett weg: Zum Beispiel Journalisten, die aus jedem noch so unklaren Forschungsergebnis einen Sensationsdurchbruch machen oder Buchverlage, die ihre eigenen Autoren nicht verstehen.

Weggenieste Nanoroboter und selbstzweifelnde Autos

Manches ist subtil und verwinkelt, anderes wieder komplett albern oder phantastisch, so wie der Cartoon über den weggeniesten Nanoroboter oder Auflistungen, was so alles aus schlechtgesicherten Laboren entweichen kann.

Das Titelbild des besprochenen Buches.
Das Titelbild des besprochenen Buches.

© Edition Moderne

Wie in Tagträumen gelangweilter Forscher beleben sich plötzlich die Dinge, und so beobachten wir gestresste Gravitrone, erleben selbstzweifelnde Autos und wohnen unendlich langsamen Streitgesprächen zwischen Moosen und Flechten bei, die um einen Stein konkurrieren.

Nicht alles hat eine Pointe, manches ist eher wie ein subtiler Kommentar oder wie eine Schulheft-Kritzelei (etwa das Schema zur Erfindung reißerischer Titel für populärwissenschaftliche Bücher).

Lustig auch für Nicht-Nerds

Wie bei „Kochen mit Kafka“ (einer Sammlung von Strips über Literatur, die Gauld für den „Guardian“ gezeichnet hat) bleibt sein trockener Humor jedoch auch für Nicht-Nerds verständlich, was bei anderen Wissenschaftscomics wie beispielsweise xkcd nicht immer der Fall ist.

Das Motiv des verrückten Wissenschaftlers, der sich von der Realität, Explosionen oder versehentlich beschworenen Dämonen nicht aus der Ruhe bringen lässt, zündet eben nach wie vor und scheint auch bei jenen, die ihr Leben der Rationalität gewidmet haben, gut anzukommen. Passend zu seinen minimalistischen Zeichnungen nimmt Gauld dem Thema die Schwere und zeigt: Wissenschaftler sind auch nur Menschen (und manchmal betrügerische Roboter).

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