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Club der Raubvögelinnen: Harley Quinn (Margot Robbie, Mitte) mit ihrer Girlgang.

© Warner Bros

Comicverfilmung „Birds of Prey“: Marodierende Superheldinnen

Mit der Ex vom Joker ist nicht zu spaßen: Margot Robbie als Protagonistin und Produzentin einer irren Emanzipationsgeschichte.

Von Andreas Busche

Woran erkennt man eine toxische Beziehung? Die offensichtlichste, wenn auch nicht gerade naheliegendste Antwort lautet: Wenn sie, nachdem er gerade Schluss gemacht hat, ihren Herzschmerz im Alkohol ertränkt und anschließend einen Tanklastzug in einer Chemiefabrik crasht. Die Botschaft kommt an in Gotham City: Es ist offiziell Schluss zwischen Harley Quinn und dem Joker. No Hard Feelings.

Mit diesem Abschiedsfeuerwerk beginnt „The Emancipation of Harley Quinn“, der neueste und mit Abstand durchgeknallteste Beitrag zum „DC Extended Universe“ – und ein Korrektiv zu den Langweilern der „Justice League“ um die Bat- und Supermänner, vor allem aber zu der chaotischen Superhelden-Nummernrevue „Suicide Squad“. Dort hatte Harley 2016, damals als Sidekick des von Jared Leto gespielten Jokers (fast schon wieder vergessen, nach Joaquin Phoenix’ Method Acting), ihren ersten Auftritt. Die vergiftete Freude über ihr neues Solo-Dasein währt allerdings nur kurz: Ohne den Schutz des Jokers genießt die impulsive Harley keine Narrenfreiheit mehr. Nicht nur die Polizei ist hinter ihr her, auch die halbe Unterwelt von Gotham City.

Schlüsselrollen von Frauen besetzt

Der Abnabelungsprozess tut Harley Quinn gut. Auch DC entdeckt allmählich seine Superheldinnen von der Seitenlinie. Die ehemalige Kriminalpsychiaterin Harleen Quinzel gehört zu den schillerndsten Figuren im DC-Universum, ihre kriminelle Laufbahn begann als eine Art Selbstversuch, in dessen Verlauf sie die Seiten wechselte. So eine moralische Ambivalenz verkörpert derzeit kaum eine Darstellerin glaubwürdiger als Margot Robbie; man erinnere sich nur an ihre prollige Eis(lauf)prinzessin Tonya Harding.

Robbie fungiert auch als Produzentin von „Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“ und ist daher maßgeblich dafür verantwortlich, dass Schlüsselrollen in der Crew mit Frauen besetzt wurden. Die Regisseurin Cathy Yan ist in Hollywood noch ein unbeschriebenes Blatt (das dürfte sich ändern), Christina Hodson schrieb bereits das Drehbuch für das atmosphärische Transformers-Spin-off „Bumblebee“. Essentiell für den Look des Films sind allerdings die Set- und Kostümdesignerinnen Jennifer Lukehart und Erin Benach, die die Emanzipation Harley Quinns wie eine Mischung aus Rollerderby und Pyjama-Party aussehen lassen. Wenn Harley ihre Gegner mit einem großkalibrigen Geschütz außer Gefecht setzt, regnet es Glitzerkonfetti.

Grandios alberner Ewan McGregor

Außer der Emanzipationsgeschichte Harleys ist Yans Film aber auch die origin story der „Birds of Prey“, einer Gruppe von Vigilantinnen (in den Comics gegründet von Batgirl Barbara Gordon), die sehr persönliche Motive für ihre Verbrecherjagd in der Unterwelt von Gotham City haben. Huntress (Mary Elizabeth Winstead) stammt aus dem Mafia-Adel Gothams und will die Ermordung ihrer kompletten Familie rächen, die Polizistin Renee Montoya (Rosie Perez) hat es satt, dass ihr Vorgesetzter ständig ihre Meriten einheimst, und die Nachtclubsängerin Black Canary (Jurnee Smollett-Bell) hat genug von den Machenschaften ihres Bosses Roman Sionis aka Black Mask.

Ewan McGregor ist grandios albern als derangiert-flamboyanter Psychopath, der seinen Opfern nur so aus Spaß die Gesichtshaut abzieht. Er besitzt auch eine Sammlung indigener Schrumpfköpfe, deren Restitution allerdings nicht das Hauptmotiv der Raubvögelinnen ist. Sie müssen vor Sionis – und halb Gotham – die vorlaute Taschendiebin Cassandra Cain (Ella Jay Basco ) finden, die dem Unterweltboss einen Diamanten gestohlen hat.

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„Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“ ist auch eine schöne Abwechslung von jüngeren All-Female-Filmen wie „Ocean’s 8“, „Hustlers“ oder „Charlie’s Angels“, die ihr absolut begrüßenswertes Programm weiblicher Solidarität entweder viel zu ernst nehmen – oder zu bemüht witzig sein wollen. Der marodierende Feminismus von „Birds of Prey“ lässt sich am besten damit beschreiben, dass es natürlich ganz und gar nicht okay ist, Harley eine „Psychotussi“ (Cassandra) zu nennen. Aber nicht etwa, weil das Präfix „Psycho-“ bei Frauen immer auch einen sexistischen Unterton hat – sondern wegen des Wortes „Tussi“. "Bitch" würde Harley auch noch durchgehen lassen. Aber das „Psycho“ ist in Yans Film sozusagen schon eingepreist.

Harley Quinn (Harlekin) ist mit ihrem irren Babydoll-Makeup und den knallbunten Plastikmüll-Flitterkostümen nicht nur ein echtes girlfriend from hell. Sie ist auch niemand, auf die man sich in einer Notsituation verlassen sollte. Als einzig adäquater Vergleich für diesen Superhelden-Gagaismus fällt einem nur Taika Waititis letzter „Thor“-Film ein; nur dass sich da die ganze Zeit ein paar Typen anzicken. Die DC-Fanboys können mit diesen riot girls vermutlich wenig anfangen. Müssen sie ja auch nicht.

In 22 Kinos; OV: Alhambra, Karli Neukölln, Titania, Filmpalast Treptow, Cinestar Hellersdorf & Tegel, Cubix, Kulturbrauerei, Kinowelt Eastgate, Colosseum, Luxe Kino Mercedes-Platz

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