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Daishin Kashimoto

© Matt Anker/Warner Classics

Daishin Kashimoto: Beethoven pur

Daishin Kashimoto, der erste Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, begeistert zusammen mit seinem Klavierpartner Konstantin Lifschitz im Kammermusiksaal.

Diese Annäherung an Beethoven ist gewöhnungsbedürftig: Hart akzentuiert, schneidend klar klingt der Flügel im Kammermusiksaal unter den Händen von Konstantin Lifschitz. Der Hörer bekommt immer wieder kleine, plötzliche Elektroschocks verabreicht. In der Sonate a-Moll op. 23 übernimmt Daishin Kashimoto mit zarten Violintönen zunächst den Part besänftigender Antworten. Drängt da das massive Klavier die Geige nicht zu sehr in den Hintergrund? Durchaus kann diese später auch in Führung gehen, doch insgesamt wird klar: Beethoven schrieb die „Sonaten für Klavier und Violine“ zwar für gleichberechtigte Partner, aber mit einem gewissen Vorrang des Klaviers.

Klar wird auch: Allzu oft haben gute bis großartige Interpreten Beethoven ihre eigene Klangqualität übergestülpt, ihre eigenen Fähigkeiten zu Delikatesse, Kantabilität und Beweglichkeit vorgezeigt. Was Kashimoto und Lifschitz in eng verzahnten Dialogen zu Gehör bringen, ist in seiner Ungebärdigkeit und spontan wirkenden Unangepasstheit endlich einmal wieder Beethoven pur, keine Willkür, sondern wörtlich genommene Partitur. Auch ein Klischee, dessen verquaster Heroismus unheilvolle Wirkungen entfaltet hat? Das widerlegen unendlich viele Nuancen, die zarten Bebungen der Violine, die Wärme des Klaviertons im Andante scherzoso, die gedehnten Fragen im Finale, bevor der rasende a-Moll-Spuk wieder losgeht. Voll köstlicher Wendungen ist die G-Dur-Sonate op. 96, die nach anfänglichen pastoralen Trillern und Girlanden, ihren zärtlich sich neckenden Umschlingungen, durch die pointierte Knappheit verblüfft, mit der Beethoven vor allem im Finale einen unglaublichen Variantenreichtum eines simplen Themas aus einem damals beliebten Singspiel entfaltet.

Die Duoqualitäten des Konzertmeisters der Berliner Philharmoniker und seines Klavierpartners zeigen sich immer wieder in absoluter Präzision und einem Gleichklang – nicht Gleichheit! - , in dem man sich die Pointen nur so zuwirft. Atemberaubende Virtuosität erreichen beide in Schostakowitschs Violinsonate op. 134, die dennoch ganz harter Stoff ist, Beethovens Kompromisslosigkeit zwölftönig fortsetzt. Wahrheit geht hier immer vor Schönheit und verwandelt sich nur selten in diese. Stets münden die virtuosen Wut- und Schmerzensausbrüche in die Trostlosigkeit langer, karger Linien, mit der Schostakowitsch die Hoffnungslosigkeit seines bleiernen Zeitalters beschwört, das Nichts des nahenden Todes vor Augen.

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