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Kultur: "Danach hätte es...": "... schön sein können": Mann, Frau, Kind

Wenn Filmemacher in ihrer eigenen Familienvergangenheit kramen, ist das auch für die Kinogeher ein heikles Thema. Zu gering ist oft die Distanz, zu groß die Betroffenheit.

Wenn Filmemacher in ihrer eigenen Familienvergangenheit kramen, ist das auch für die Kinogeher ein heikles Thema. Zu gering ist oft die Distanz, zu groß die Betroffenheit. "Danach hätte es schön sein müssen" heißt ein Film der Kölner Regisseurin Karin Jurschick, in dem sie versucht, der zerstörten Ehe ihrer Eltern nachzuspüren. Die Mutter hat 1974 mit 42 Jahren ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt. Da war die Tochter 14. Der Vater, damals Schiffsbau-Ingenieur, ist jetzt 91 und wohnt immer noch in der ehemaligen Familienwohnung. Lange hat die Tochter ihn nicht gesehen. Jetzt kommt sie zurück, mit einer Kamera bewaffnet.

Mit einem Zitat aus einem Brief des Noch-Nicht-Vaters, derseine frisch angetraute Ehefrau zu einem Bordbesuch empfangen durfte, beginnt der Film. Er lobt ihr "gut gewähltes Kleid" und auch die Unterwäsche. Die Briefe der Frau wurden nicht aufbewahrt. Nur einer liegt jetzt im Polizeiarchiv, ein Zettel aus ihrem letzten Hotelzimmer, auf dem sie bittet, "alle Ausgaben aus beiliegender Geldbörse zu begleichen". "Diese Schreiben ist als ein Abschiedsbrief anzusehen", vermerkt die Polizei.

Ganz distanziert ist immer von "dem Mann", "der Frau" und "dem Kind" die Rede. Ein Versuch, Abstand zu nehmen. Steht die Jurschicksche Familien-Triade nicht emblematisch für die bundesdeutsche Nachkriegszeit? Der Vater ein damals schon 50-jähriger Kriegsheimkehrer, ein Technokrat, der nur in Funktionskreisen denken kann. Die Frau ein ehemals tanzlustiges Mädchen, dass für die Familie Freiheit und eigene Perspektive opfert. Draußen ist der Krieg vorbei, in der Wohnstube geht er weiter. Und das Kind? Damals konnte es nicht anders, als sich mit der Mutter zu verbünden. Jetzt ist es erwachsen. Nein, Herr Jurschick wird uns nicht sympathisch. Doch wir lernen, ihn und einige Zusammenhänge besser zu verstehen. Diese Familiengeschichte greift weit über das Familienleben hinaus. Weder Abrechnung noch Versöhnung. Sondern ein Versuch, zumindestens diesen Krieg zu beenden.

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