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Daniil Trifonov.

© imago/ZUMA Press

Daniil Trifonov: Die Hitze des Romantikers

In der Philharmonie verfehlt Pianist Daniil Trifonov Beethoven in dessen Es-Dur-Sonate op. 31, findet aber bei Prokofjew zu sich.

Auf welchem Weg befindet sich Daniil Trifonov? Kein Konzert des immer noch blutjungen Pianisten, das nicht frenetischen Jubel, keine Einspielung, die nicht den Stempel des Spektakulären, des Unerhörten erhielte. Auch in der Philharmonie, wo der „Artist in residence“ eine stattliche Anzahl von Konzerten mit einem großen Klavierabend krönt, wollen Standing Ovations kein Ende nehmen. Und schon der Einstieg in das höchst anspruchsvoll um den Terminus „Sonate“ kreisende Programm beweist: dieser Mann kann wirklich beneidenswert gut Klavier spielen. An Geschmeidigkeit, Eleganz der Diktion, Treffsicherheit in halsbrecherischsten Akkordkombinationen sucht er seinesgleichen. Ein Supervirtuose – der damit Beethovens „leichte“ Es-Dur-Sonate op. 31 Nr. 3 grandios verfehlt. Da geraten die fragenden harmonischen Aufgänge hart, verhuscht im extremen Kontrast dazu das Laufwerk. Die „wilde Jagd“ entbehrt in überdrehter Fingerfertigkeit melodischer Linie und echter Vitalität.

Angebrachter ist solcher Geschwindigkeitsrausch bei Robert Schumann. Stück für Stück spielt Trifonov sich bei den „Bunten Blättern“ op. 99, vom etwas betulich angesetzten „Stücklein“ Nr. 1 über das wie dekomponiert zerfallende Albumblatt fis-Moll, in die fliegende Hitze des Romantikers hinein. Nach den Verdrehtheiten der Novellette, dem düsteren Pathos des Marsches, dem manisch gesteigerten Scherzo stürzt sich der Pianist konsequent in die Obsession des Clara Schumann als „gar zu schwer“ und unverständlich abgelehnten Presto passionato. Doch auch hier gehen vom Bass heraufdrängende Strukturen des lyrischen Rückzugs im fast impressionistischen Dauerflimmern – erzeugt auch durch zwar differenzierten, doch großzügigen Pedalgebrauch – verloren.

In den technischen Herausforderungen und scheinbar einfacheren Dimensionen von Prokofjews 8. Sonate findet Trifonov eher zu sich. Auch seine Körpersprache, sein Hineinkriechen in den Flügel oder sein Aufstehen an kraftvollen Höhepunkten, erscheinen hier nicht als bloße Attitüde. Mehr Klarheit und Durchsichtigkeit regieren die anflutenden Läufe des Kopfsatzes, zwischen denen sich ein albtraumhaftes Glöckchenmotiv erhebt. Bedrohlich rückt das liedhaft- harmlose Thema des „Andante sognando“ immer näher, bis sich die Motorik des Finales in schattenhafter Schärfe entlädt.

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