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Kultur: Das feine Fressen

Über das ausgezeichnete Programm gibt es nichts zu meckern. Doch das Popcorn in den Hackeschen Höfen ist so süß wie sonst nur in der Provinz.

Über das ausgezeichnete Programm gibt es nichts zu meckern. Doch das Popcorn in den Hackeschen Höfen ist so süß wie sonst nur in der Provinz. Und die bauliche Ausstattung der flachen Kinoschachteln im architekturtouristischen Vorzeigeobjekt HH lässt nicht gerade Wohlgefühl aufkommen.

Vielleicht kam man so auf die Idee, den Kinobetrieb auch auf ein innenarchitektonisches Schmuckstück am Hofe auszuweiten, das in den letzten Jahren nichtöffentlichen Lustbarkeiten vorbehalten war. Vor seiner Renovierung 1993 hatte der von August Endell entworfene Kleine Festsaal sogar schon als TrabiWerkstatt gedient. Neuerdings darf hier das gewöhnliche zahlende Publikum zum „Filmdinner“ so genannte kulinarische Filme mit einem vom jeweiligen Thema inspirierten Menü goutieren. Nach dem überzuckerten „Chocolat“ mit Juliette Binoche und Johnny Depp wird am Samstag mit Stanley Kramers Rat mal, wer zum Essen kommt herzhaftere Kost geboten. Auch wenn die Inszenierung in manchen Teilen etwas altbacken daherkommen mag: Die Geschichte um liberale Mittelschichtler, die von ihrem verliebten Töchterlein mit dem eigenen Rassismus konfrontiert werden, ist immer noch zeitgemäß und wurde gerade unter dem Titel „Guess Who“ mit umgekehrten Vorzeichen neu verfilmt. Ein filmhistorisches Denkmal ist Kramers Film aber deswegen, weil der schon sterbenskranke Spencer Tracy hier an der Seite von Katherine Hepburn seinen letzten anrührenden Auftritt geben durfte. Nur das „exklusive Drei-Gänge-Menü“ mit Suppe, Steaks, Pudding und Apple Pie dürfte sich vielleicht doch nicht so ganz zum Jugendstil-Ambiente fügen (Anmeldung post@kleinerfestsaal.de, Tel: 28 39 11 75, 37 Euro pro Person zzgl. Getränke).

Keine Sorge, Witze über die englische Küche, die sich hier zwecks Überleitung aufdrängen mögen, werden hier nicht gemacht. Denn das Britspotting-Festival , das heute ins siebente Jahr geht, hat traditionell Substanzielleres zu bieten als edles Ambiente und feine Saucen. Mit dem Filmkunst 66 und dem Potsdamer Thalia sind zwei Kinos neu im Programm. Selbiges ist wieder so reich gefüllt und kompetent zusammengestellt, dass hier nur zwei Höhepunkte von vielen vorgestellt werden können (www.britspotting.de).

Da wäre mit Michael Apteds 49UP die neueste Folge seiner legendären Langzeitdokumentation – gewissermaßen die britische Variante der „Kinder von Golzow“, seit 1963 im runden Sieben-Jahres-Rhythmus aktualisiert (Sonntag im Filmkunst 66, Mittwoch im Acud). Eine lange Geschichte miteinander haben auch Adam & Paul , zwei Dubliner Junkies, die auf dem Tiefpunkt ihrer Drogenkarriere angekommen sind. Doch Leonard Abrahamsons gleichnamiger Film ist kein Sozialrealismus neuer Berliner Schule, sondern eine schwarze Tragikomödie mit Slapstick und viel irischem Humor. Schließlich ist das britspotting auch ein „irish film festival“. Leider gibt es wohl weder im Acud (Dienstag) noch im fsk (Mittwoch) dazu die angemessenen Getränke – tiefer wollen wir hier in die kulinarischen Aspekte des Themas lieber nicht einsteigen. Andererseits: Danach dürfte auf der Oranienstraße, wie auch in Mitte, schon ein gutes Glas Whiskey zu kriegen sein.

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