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Die Vorschauen für das Frühjahr und den Sommer 2020 von Rowohlt

© Verlag

Das Frühjahrsprogramm 2020: Der Rowohlt Verlag veröffentlicht plötzlich viele Bücher von Frauen

Zuhause ist, wo der Feminismus ist: Der Rowohlt Verlag hat die Lehren aus der Kritik an seinem letzten Männer-Herbstprogramm gezogen.

Es ist gerade wieder die Zeit der Verlagsvorschauen, die Zeit, in der die Verlage Buchhändlern und Buchhändlerinnen und natürlich auch den Medien ankündigen, was sie in den kommenden Monaten bis Mitte des Jahres 2020 alles an neuen Büchern veröffentlichen.

In den sozialen Medien hat es sich inzwischen eingebürgert, dass dann sorgfältig gezählt wird - nicht wieviele Titel insgesamt so veröffentlicht werden, das ist ja eine ambivalente Angelegenheit: Gut, dass die Verlage immer noch so viele Bücher produzieren; schlecht, dass viel Mittelmaß und drunter dabei ist.

Nein, es wird gezählt wieviele Titel die Verlage jeweils von Männern und Frauen herausbringen, und unter #Vorschauenzählen haben bei Twitter gerade die Schriftstellerin Berit Glanz („Pixeltänzer“) und die Literaturbloggerin Nicole Seifert („Nachtundtagblog“ erste Vorbesichtigungen und Zählungen vorgenommen.

Bei Twitter gibt es #Vorschauenzählen

Vordergründig sieht es da zunächst ganz gut aus, sind einige Verlage wie Hanser Berlin, Hanser Blau, Kein & Aber oder der Berlin Verlag mit gutem Beispiel vorrangegangen und veröffentlichen mal viel mehr, mal mehr Bücher von Frauen als von Männern (wobei Spitzenreiter dann doch Unterhaltungsverlage sind, Random-House-Sublabel wie Diana und Heyne fliegt mit einer hundertprozentigen Quote).

Andere Verlage wie Suhrkamp oder erstaunlicherweise Kiepenheuer & Witsch mit seiner neuen Geschäftsführerin Kerstin Gleba haben einen deutlichen Autorenüberschuss, da könnte man von business as usual sprechen.

Wer aber sich tatsächlich ins Zeug gelegt hat, das ist der Hamburger Rowohlt Verlag. Der hatte noch vor ein paar Monaten erst für unrühmliches Aufsehen gesorgt, als er seine Herbst- und Wintervorschauen verschickte und dort ein reines Männerprogramm angekündigt wurde.

Gerade bei der Hauptmarke von Rowohlt war das dramatisch, aber auch in anderen Rowohlt Verlagen wie 100 Augen oder Rowohlt Berlin waren Bücher von Schriftstellerinnen rar. Das stellt sich jetzt für das kommende Frühjahr ganz anders dar, gerade im Vergleich mit dem letzten Programm, da braucht man nicht einmal zu zählen.

Die Spitzentitel kommen von Deepa Anappara, Tea Obreht und Nora Gantenbrink

Der Spitzentitel des Rowohlt Verlags, also der Premiummarke, ist der Debütroman der indischen Schriftstellerin Deepa Anappara, „Die Detektive vom Bhoot-Basar“. Der von Rowohlt Berlin kommt von der jungen amerikanischen Schriftstellerin Tea Obreht, „Herzland“, und der von Hundert Augen stammt mit „Dad“ von der „Stern“-Reporterin Nora Gantenbrink.

Nur bei den Sachbüchern wurde der Spitzentitel von zwei Männern geschrieben, Carel van Schaik und Kai Michelden. Die haben dann aber, hier reibt man sich nicht hundert, sondern lediglich seine zwei Augen, mit "Evas großes Geheimnis“ ausgerechnet eine kurze Geschichte von Frauen und Männern, Sex, Macht und Unterdrückung geschrieben, wie es in der Ankündigung des Verlags heißt.

Ob das gar programmatisch ist, ein strategischer Rowohlt-Plan? Ob der Verlag zumindest seine Lehren gezogen und dieses Mal doch bewusst auf ein ausgewogenes Geschlechter-Verhältnis geachtet hat, so wie er beim Programm zuvor nicht einen Gedanken daran verschwendet hat? (Ausgewogen ist es tatsächlich, zumindest fast). Es scheint jedenfalls so.

Dass soviel Gender-Goodwill nichts über die literarische Qualität aussagt, versteht sich. Schlechte Bücher von Frauen braucht es natürlich genau so wenig wie solche von Männern.

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