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Kultur: Das Geheimnis des Blumenmädchens

Ein Puzzle namens Leben: Fernando León de Aranoas „Amador und Marcelas Rosen“.

Marcela (Magaly Solier) verstaut die Schnipsel ihres Trennungsbriefs an den Freund resigniert in einer Dose. Mit ihm betreibt die lateinamerikanische Immigrantin in einer Madrider Betonvorstadt einen Blumenschwarzhandel. Halb verblühte Rosen lagern im Kühlschrank, abends werden Geschäfte mit Straßenhändlern in der engen Wohnung abgewickelt. Unverdrossen träumt Marcelas Freund vom eigenen Laden – doch dann muss ein neuer Kühlschrank her, die Schulden steigen und die introvertierte junge Frau sieht keinerlei Zukunft in diesen Bahnen mehr. Als sie aber entdeckt, dass sie schwanger ist, schiebt sie die Lösung auf und nimmt stattdessen einen Job als Pflegerin des bettlägerigen alten Amador (Celso Bugallo) an.

Fernando León de Aranoa („Montags in der Sonne“, „Princesas“) vertraut seine Tragikomödie „Amador und Marcelas Rosen“ fast völlig seiner sympathischen Protagonistin an. Mit angenehm zurückhaltendem Mienenspiel und intensiver Langsamkeit spiegelt sie die Zerreißproben ihrer Figur. Wie unter betäubtem Schmerz folgt die peruanische Schauspielerin Magaly Solier – bekannt durch den Berlinale-Gewinner „Eine Perle Ewigkeit“ (2009) – dem schwarzhumorigen Masterplan, den Aranoas Drehbuch aus lauter Puzzleteilen zu einem freundlichen, etwas überfrachteten Traktat über Leben und Tod entfaltet.

Marcela pendelt zwischen Kontrastwelten: Zaudernd erkundet sie Amadors Wohnung und wird mit dessen Credo konfrontiert, dass nur surreale Fantasie hilft, hinter die Oberfläche zu blicken. Das Puzzlespiel steht für Amadors Lebensweisheit. Der Alte, der Marcelas verzweifelte Lage durchschaut, rät unsentimental, die Teile, die ihr vom Leben geschenkt seien, zusammenzufügen. Wie also handeln, als ihr widerborstiger Pflegling, ein letztes Puzzlestück in den Fingern, überraschend stirbt? Absurde Verhältnisse fordern absurde Verhaltenslehren, lautet die ironische Moral – und so lässt sich Marcela mit Blumen und Spray auf ein makabres Spiel ein.

„Amador und Marcelas Rosen“ ironisiert die düsteren Seiten der Geschichte mit leichter Hand, indem die heimlich Schwangere in eine absurde Spukgeschichte um den heimlich Verstorbenen driftet. Wie kann sie Amador gehen lassen und ihre schwierige Schwangerschaft annehmen? Die Lösung beschwört spielerisch, dass die Interessen der jungen Immigrantin denen von Amadors Familie gleichen. Claudia Lenssen

In fünf Kinos; OmU in den Hackeschen Höfen und im Moviemento

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