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Kultur: Das grüne Berlin

Klaus-Henning von Krosigk, der große Gartendenkmalpfleger, geht in den Ruhestand.

Berlin ist vielleicht keine Gartenstadt, aber eine Stadt der Gärten, der Parks und des Grüns ist es allemal. Das ist das Verdienst vieler Gartenarchitekten, die über Generationen hinweg das Bild der Stadt mitgeprägt haben. Am Anfang steht natürlich der große Peter Lenné, der Meister der Sichtachsen, auf dessen Spuren man in und um Berlin herum überall stößt. Der erste städtische Gartendirektor Gustav Meyer gehört dazu, mit dem die Zeit der großen öffentlichen Anlagen beginnt. Und seine Nachfolger Fritz Encke und Erwin Barth, Stadtgärtner in der ersten Jahrhunderthälfte, denen Berlin den Victoria-Luise-Platz und den Savignyplatz verdankt. Es ist diese Reihe, in der Klaus-Henning von Krosigk steht, der sich jetzt von den mehr als drei Jahrzehnten verabschiedet, in denen er als Gartendenkmalpfleger in Berlin gewirkt hat.

Krosigks Ära setzt ein mit der Überwindung der Nachkriegszeit, deren Modernisierungsschübe die Stadt tief gezeichnet haben. Das betrifft gerade die historischen Stadtplätze, die traditionellen Halte- und Zier-Knoten im Berliner Straßennetz, die wie der Hohenzollernplatz oder der Olivaer Platz von den damals geschlagenen Durchgangsstraßen schwer getroffen wurden. Vor allem aber war sein Programm der Wiederherstellung von Gärten und Parks Teil der Wiederbelebung des Städtischen, dem heimlichen Thema der letzten Jahrzehnte.

Näherte sich das Bewusstsein für die Rolle des städtischen Grüns 1978, als Krosigk das neu gegründete Ressort für Gartendenkmalpflege übernahm, wirklich, wie er sich erinnert hat, einem „Tiefpunkt“? Wenn es von da an jedenfalls bergauf ging, dann dank einer Gestalt wie ihm. Mit der Wiederherstellung des Pleasuregrounds im Park von Schloss Glienicke begann eine staunenswerte Erneuerungsarbeit am Landschafts-Charakter der Stadt. Es ist wahr, dass Krosigk zwar ein gelernter, studierter und, vor allem, leidenschaftlicher Gärtner ist, aber seinen Rang als Denkmalpfleger gewonnen hat. Anders als seine Vorgänger hat er sich nicht mit eigenen Anlagen ins Stadtgedächtnis eingetragen. Dafür umso mehr als inspirierende Instanz von Format. Ist jemand wirklich nur Erbe-Verwalter und -Erhalter, der, beispielsweise, den östlichen Tiergartenrand wiederhergestellt hat, wo nichts mehr war außer Maueröde und Todesstreifen?

Nun gibt es längs der Ebertstraße die vierreihige Lindenallee, die Gärtner und Gartenhistoriker den „Lenné’schen Baumsaal“ nennen. Und was bedeuten für Berlin Anstrengungen wie die Wiederherstellung des Schinkelplatzes neben der Bauakademie oder des Engelbeckens in Kreuzberg? Vielleicht kann man daran sehen, dass es Situationen gibt, in denen auch und gerade Denkmalspflege eine Form der in die Zukunft gerichteten Stadtgestaltung bedeutet.

Krosigks besondere Aufmerksamkeit hat einerseits der Wiederherstellung des „begrünten Stadtplatzes“ gehört, dieser für Berlin zentralen, weil raumbildenden Figur der Stadtarchitektur. Im Westen Victoria-Luise-Platz und Savingnyplatz, im Osten nach der Wende der Boxhagener und der Senefelder Platz. Andererseits hat er sich mit besonderer Zuneigung den Villen- und Landhausgärten gewidmet.

Als Krosigk anfing, war, wie er einmal gesagt hat, „alles öko“. Die Auseinandersetzung mit dieser mächtigen Spielart des Zeitgeistes gehörte zu seiner Mission. Doch um in Glienicke die alten „Fenster“ zur Havel wiederherzustellen, durch die das Erlebnis der Kulturlandschaft erst entsteht, mussten eben auch Bäume geschlagen werden. Wenn Krosigk heute durch Berlin flaniert, stößt er nicht nur immer wieder auf Spuren seiner Tätigkeit. Überall findet er auch Gartenbesitzer, die ihn sogleich ins Gespräch ziehen, weil er den Anstoß für ihre Anlage gegeben hat. Das gehört auch zu dem pädagogischen Eros, über den er in hohem Maße verfügt. Hermann Rudolph

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