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Kultur: Das Leben im Wandel der Zeit

Grün, wie ich dich liebe, Grün - so beginnt die bekannte "Somnambule Romanze" von Gabriel García Lorca. Blau, wie ich dich liebe, Blau - das ließe sich analog zu den Bildern von Sarah Haffner sagen, in denen Blau den Grundton bildet.

Grün, wie ich dich liebe, Grün - so beginnt die bekannte "Somnambule Romanze" von Gabriel García Lorca. Blau, wie ich dich liebe, Blau - das ließe sich analog zu den Bildern von Sarah Haffner sagen, in denen Blau den Grundton bildet. Blau ist die Farbe, bei der sich Erinnerungen einstellen und Erfahrungen widerspiegeln. Haffners Blau steht dem Blues nahe, jener wehmütigen Musik, die den Alltag bis in die feinsten Poren ausfüllt. Doch Blau ist in diesen Bildern nicht einfach Blau. Häufig ist es eher ein Türkis, manchmal auch Ultramarin. Sarah Haffner, die sechzig wird in diesem Jahr, kam 1954 nach West-Berlin. Hier studierte sie Kunst, hier fand sie über abstrakte Anfänge zum poetischen Realismus. Die Motive bezieht sie aus ihrem Lebensumfeld. Auch wenn sie schreibt, schöpft sie aus Eigenem, aus der Nähe. In ihrem neuen Katalogbuch erzählt sie Geschichten aus ihrem Leben. Mit einfachen Worten nimmt sie einen gefangen: den Sohn aufziehen, Unterricht geben, sich politisch, gewerkschaftlich und in Berlins erstem Frauenhaus engagieren. Sehr lange schon wohnt Haffner am gleichen Ort. Berlin ist ihre Stadt geworden. Doch sie bleibt, wie sie selbst bemerkt, Zuschauerin. In Berlin zuhause? Eher in der Kunst. Wie Haffner in ihrem Text die Jahre vorüberziehen lässt und Erlebtes mit der Umwelt verwebt, so malt sie ihre Umgebung im Wandel der Zeit. Brandmauern erscheinen als geometrische Flächen in subtil changierendem Blau, am "Morgen", "Mittag", "Abend" und bei "Nacht" (zusammen 36 000 Mark). Häuserumrisse ergeben einen stummen "Winter Blues" (26 000 Mark), Brücke und Gleise in der Reihe "An der Bahn" tauchen als kantige Konstruktionen im "Frühling", "Sommer", "Herbst" und "Winter" auf (zusammen 85 000 Mark). In den Menschenbildern dominieren klare Konturen und intensives, flächiges Blau. Die Frau am Steuer in "Unterwegs" (24 000 Mark) markiert die Doppelbödigkeit dieser Bilder zwischen Melancholie und Aufbruch, Träumerei und Abgeklärtheit.Galerie Eva Poll, Lützowplatz 7, bis 25. März; Montag 10-13 Uhr, Dienstag bis Freitag 11-18.30 Uhr, Sonnabend 11-15 Uhr. Kunststiftung Poll, Gipsstraße 3, bis 25. März. Katalogbuch "Sarah Haffner. Im blauen Raum. Bilder und Geschichten", Transit Verlag, Berlin, 39.80 Mark.

Michael Nungesser

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