zum Hauptinhalt
Artig die Sünde besingen. Slayer-Frontman Tom Araya. Foto: DAVIDS/Zinken

© DAVIDS

Kultur: Das leichte Kreuz mit dem Bösen Kult-Thrash-Metal: Slayer in der C-Halle

Es war der große Tag der Herren-Combos. Erst die schwarz gewandete Truppe am Nachmittag: schnell, effektiv und sympathisch.

Es war der große Tag der Herren-Combos. Erst die schwarz gewandete Truppe am Nachmittag: schnell, effektiv und sympathisch. Dann das im Durchschnitt fast doppelt so alte Team am Abend: mindestens genauso schnell, effektiv und sympathisch. Fußball und Slayer, ein Tag, um Lobpreis zu singen auf zwei der kulturgeschichtlich betrachtet schönsten Beweisführungen, wie sich Testosteron auch produktiv kanalisieren lässt.

Der Auftritt der kalifornischen Kult- Thrash-Metal-Band in der C-Halle war lange überfällig. Zwei Mal schon musste das Konzert verschoben werden – Sänger und Bassist Tom Araya, der nächstes Jahr immerhin seinen 50. feiert, litt unter anhaltenden Rückenproblemen. Weswegen er am Samstagabend wohl auch völlig aufs Headbangen verzichtete und sein Haar nur in der Windmaschine flattern ließ. Was ihm wiederum die Zeit verschaffte, die volle Halle mit der Herzlichkeit eines Sozialpädagogen zu begrüßen – „Willkommen in unserer Kirche, in der ihr schreien und tanzen dürft, so viel ihr wollt!“ –, unausgesetzt in die Runde zu strahlen und fast nur so nebenbei noch das düstere Pandämonium der Slayer’ schen Lyrik zu beschwören.

Slayer im Jahr 29 des Bandbestehens, das bedeutete in der Folge: eine Tour de force rückwärts durchs Oeuvre, angefangen mit „World Painted Blood“ und „Hate Worldwide“, den stürmischen Knallern des jüngsten, elften Albums, einem etwas blutarmen, für Slayer-Verhältnisse fast balladesken Mittelteil und einem finalen Big Bang mit den großen frühen Speed- Hits: „Mandatory Suicide“, „Raining Blood“, „South Of Heaven“, „Angel Of Death“. Drummer Dave Lombardo, zwischen zwei Marshall-Wänden eingeklemmt und hinter seinem Monster von Schlagzeug fast unsichtbar, legte erwartbar brutale Geschwindigkeiten vor, Gitarrist Kerry King, den hunnenhaften Kinnzopf im Gesicht und das umgedrehte Kreuz auf dem Gurt, solierte im Wechsel mit seinem Eishockeyknieschoner tragenden Kollegen Jeff Hanneman stets auf den obersten Bünden – jedes Solo im Rahmen der stilbildenden Slayer-Kompaktheit so überflüssig wie amüsant.

Alles in allem: eine souveräne Dienstleistung an den Fans, die sich mit Luftschlagzeugspiel, Zurschaustellung nicht immer nur durchtrainierter Oberkörper und dem notorischen „Slayer!“-Ruf revanchierten. Nach knapp zwei Stunden äußerst verbindlich vorgebrachten und zeitdiagnostisch immer up to date operierenden Oden auf die Macht des Bösen war es vorbei. Der vor Jahren schon als gläubiger Katholik überführte Araya bedankte sich nett, die vorderen Reihen prügelten sich um Setlist und vernutzte Plektren – und mein Nebensteher brüllte beseelt: „Es ist vollbracht!“ Kirsten Riesselmann

Kirsten Riesselmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false