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Kultur: Das MoMA- Komplott

Eine

von Rüdiger Schaper

Dass der alle Erwartungen übertreffende MegaErfolg der Berliner MoMA-Schau auch Unbehagen auslöst, verwundert nicht. Das New Yorker Gastspiel wurde wie die Rückkehr der Beatles aufgezogen – und wird vom Publikum auch wie ein Pop–Event angenommen. Die Gegend um die Neue Nationalgalerie erinnert an eine Großleinwand von Jackson Pollock. Gewimmel, Gewusel, drangvollste Enge. Demokratische Prozesse wie diese überwältigende Vereinnahmung klassischer moderner Kunst genügen selten einem höher entwickelten ästhetischen Empfinden.

Doch Werner Spies’ Pamphlet „Die amerikanische Unfehlbarkeitserklärung“ (in der gestrigen Frankfurter Allgemeinen) richtet sich nur am Rande gegen den durch und durch kommerzialisierten Berliner Massenauftrieb. Spies sieht in der Auswahl der hier präsentierten Werke einen „kolonialistischen“ Akt. Der 1937 geborene, in Paris lebende Kurator, Kritiker und Hochschullehrer wirft den MoMAGewaltigen in seinem verblüffend aggressiven, ganzseitigen Artikel vor, die Kunstgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu manipulieren – in amerikanischem Interesse. Die MoMA-Ausstellung unterschlage („absolut ungeheuerlich“, „ein Spiel mit gezinkten Karten“, „ein Affront“) bedeutende Europäer zugunsten mediokrer US-Arbeiten. Sie zeige allein Gerhard Richters Stammheim-Zyklus, um Europa als Hort des Terrorismus zu desavouieren. Kurz: Wir haben – nach dem „Methusalem-Komplott“ des FAZHerausgebers Frank Schirrmacher – nun das „MoMA-Komplott“.

Da spricht eine gekränkte Elite. Nicht eine lückenlose Präsentation der Kunst im 20. Jahrhundert stand und steht zur Debatte, sondern das MoMa in Berlin. Die amerikanische Variante der Kunstgeschichte, was sonst? Spies’ Vorwurf, dass „europäische Künstler einfach geopfert, in ihre Schranken gewiesen werden“, ist einfach nur schlechter Antiamerikanismus. Was können Pollock, Newman, Rothko, Warhol für Weltkartenpinseler wie Bush, Rumsfeld und Cheney?

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