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Kultur: Das Remake ist ein flammendes Plädoyer für den uneingeschränkten Genuss

Steve McQueen wurde durch Pierce Brosnan und Faye Dunaway durch Rene Russo ersetztDaniela Sannwald Das Taxi steckt fest in einem der vielen frühmorgendlichen Staus von Manhattan; der Fahrgast klopft an die Scheibe, zahlt und steigt aus. Es ist ein Geschäftsmann in den Vierzigern, elegant gekleidet und mit Aktenkoffer, die dunklen Haare perfekt geschnitten, Wangen und Kinn glatt rasiert, das Gesicht markant, aber nicht auffällig, die Figur sportlich, die Haltung entspannt, und er geht nicht in einen der zahllosen Bürotürme, sondern ins Museum.

Steve McQueen wurde durch Pierce Brosnan und Faye Dunaway durch Rene Russo ersetztDaniela Sannwald

Das Taxi steckt fest in einem der vielen frühmorgendlichen Staus von Manhattan; der Fahrgast klopft an die Scheibe, zahlt und steigt aus. Es ist ein Geschäftsmann in den Vierzigern, elegant gekleidet und mit Aktenkoffer, die dunklen Haare perfekt geschnitten, Wangen und Kinn glatt rasiert, das Gesicht markant, aber nicht auffällig, die Figur sportlich, die Haltung entspannt, und er geht nicht in einen der zahllosen Bürotürme, sondern ins Museum. Dort begibt er sich in einen Raum mit Impressionisten, und das scheint er öfter zu tun, denn die Wärter kennen ihn. Er sitzt eine kleine Weile auf der Bank, guckt sich die Bilder an und geht dann wieder - doch ins Büro, aber ohne Aktenkoffer. Der ist ihm unterwegs abhanden gekommen. Genau wie dem Museum ein Monet im Wert von hundert Millionen Dollar.

Der Mann heißt Thomas Crown, ist mit der Verwaltung von Unternehmen beschäftigt und hat nebenbei den Kunstraub geplant. Nicht weil er sich an der Beute bereichern, sondern weil er sie besitzen will. Und weil er sich langweilt. Als sich eine Versicherungsdetektivin an seine Fersen heftet, die auf Provisionsbasis arbeitet und deshalb hoch motiviert ist, den Dieb zu überführen, wird das Leben des armen, reichen Mannes etwas lustiger. Kreativ im Ersinnen von Listen und nicht besonders skrupulös bei der Entwicklung von Strategien, die den anderen zum Aufgeben zwingen sollen, sind die beiden ebenbürtigen Gegner, die einander in einem obsessiven Katz- und Mausspiel umkreisen. Als erotische Interessen in emotionale Intensität umschlagen, muss das Spiel zu Ende gebracht werden . . .

"Die Thomas Crown Affäre" ist das Remake eines von Norman Jewison im Jahr 1968 inszenierten Films mit dem deutschen Titel "Thomas Crown ist nicht zu fassen". Damals spielte Steve McQueen die Titelfigur und Faye Dunaway die Versicherungsdetektivin. Schick und vor allen Dingen sexy, vertreiben sich die beiden die Zeit mit extravaganten Vergnügen in exklusiven Ambientes und sind dabei, wenn man an den politischen, sozialen und kulturellen Kontext denkt, überhaupt kein bisschen p.c. Faye Dunaway hatte ein Jahr vorher, 1967, zusammen mit Warren Beatty das Gangsterpärchen in Arthur Penns "Bonnie und Clyde" verkörpert, was die beiden zu Identifikationsfiguren der rebellierenden Jugend werden ließ. In "Thomas Crown ist nicht zu fassen" sind Dunaway und McQueen Repräsentanten eines Establishments, das eben diese Jugend bekämpfte. Kaum ein Hauch von sozialer Realität, von Alltagssorgen und -nöten ist in diesem Film zu spüren, der ein Abbild des Geschmacks der späten sechziger Jahre ist.

Auf einer zweiten Ebene ist "Thomas Crown ist nicht zu fassen" ebenfalls ein Zeitgeist-Film: Die Kamera von Haskell Wexler umkreist und umschmeichelt die Protagonisten, bleibt dicht an ihren Körpern, zeigt sie in Großaufnahmen aus wechselnden Perspektiven, protokolliert sorgfältig Gestik und Mimik der beiden, die, magisch voneinander angezogen, trotz grundverschiedener Interessen ein gemeinsames Ziel zu haben scheinen: Sex. Beim ersten Kuss versinken sie in einem Rausch aus Farbe und Licht, ein psychedelisches Ornament wie in Kubricks "2001 - Odyssee im Weltraum" aus dem gleichen Jahr. Außerdem verfügt "Thomas Crown ist nicht zu fassen" über einige erstaunliche Split-Screen-Sequenzen: Die Leinwand ist mitunter in bis zu sechzig Segmente unterteilt, dann wieder in verschieden große, die nacheinander oder synchron wie Fenster in einem Adventskalender aufgehen, um die Dynamik des Bankraubs oder etwa eines Polospiels zu forcieren. Diese Split-Screen-Szenen verweisen ästhetisch in die Zukunft der Video-Clips, und tatsächlich wurde dem Film von der zeitgenössischen Kritik seine Oberflächlichkeit und sein Illustriertenhochglanz vorgeworfen.

Auch das Remake ist ein Film der polierten Oberflächen, ein Film, der den Lebensstil der Reichen und Schönen. Gleichzeitig ist "Die Thomas Crown Affäre" ein flammendes Plädoyer für den uneingeschränkten Genuss, und das macht ihn zu einem ausgesprochenen Vergnügen für Erwachsene.

Pierce Brosnan ist nicht Steve McQueen, und das wird er wissen. Gerade deshalb kann man gern glauben, dass Thomas Crown einer seiner Lieblingshelden ist, und dass es ihn schon lange gereizt hat, diese Figur zu spielen, so sehr, dass er "Die Thomas Crown Affäre" mit seiner eigenen Firma produzierte. Während McQueen die Figur als jugendlichen Draufgänger und obsessiven Spieler verkörperte, gibt ihr Brosnan eine zurückhaltende, verfeinerte Note, einen Hauch von Intellekt und eine kalte Glätte. Wenn er sich dann doch als fröhlicher Genießer und wunderbarer Liebhaber entpuppt, ist das für uns genauso erstaunlich wie für Rene Russo. Die nämlich spielt die Versicherungsdetektivin Catherine Banning als reife, erfahrene, auch ziemlich abgebrühte Frau, die sich morgens als erstes mit einem schlierig-grauen Drink in Stimmung bringt. Das ist, als müsse sie sich selbst für irgendetwas bestrafen, für ihre Kaltschnäuzigkeit womöglich, die Thomas Crown im Verlauf der Jagd ziemlich erschüttert. Sie trinkt das Zeug auch noch am Ende des Films, als sie schon längst bei ihm auf der Terrasse frühstückt, und da muss sie sich vielleicht dafür bestrafen, dass ihre Loyalität gegenüber den Behörden ins Wanken geraten ist. Der Film inszeniert Brosnan als verschlossenen Mann und Russo als geheimnisvolle Frau, beobachtet sie dabei, wie sie sich taxieren, wie sie professionelle und private Interessen vermischen, wie sie sich gleichzeitig anziehen und zurückstoßen. Das gipfelt in einer zentralen Szene, in der Russo mit rotem Schal auf einem Schwarz-WeißBall erscheint und nicht nur der Liebestanz der beiden, sondern auch die Bewegungen der Kamera choreographiert sind. Eine aus der Höhe aufgenommene Kreisfahrt beendet diese Szene, die einen leicht schwindlig hinterlässt. Wie das - aus dem Original übernommene - musikalische Leitmotiv des Films, "The windmills of Your Mind". Aber Schwindel kann ein schönes Gefühl sein.In 15 Berliner Kinos © 1999

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