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Henri Dutilleux (1916-2013)

© picture-alliance/ dpa/dpaweb

Das Rundfunk-Sinfonieorchester spielt Dutilleux: Der letzte Impressionist

Vor kurzem wäre Henri Dutilleux 100 Jahre alt geworden. Das RSB erinnert an ihn - und rahmt ihn mit Clause Debussy.

Das Eigenleben, das die Töne bei Henri Dutilleux entwickeln, die Wege, die sie jenseits aller Harmonieregeln gehen – das hat etwas Soghaftes. Besucher sind gut beraten, diese Musik „von innen heraus“ zu hören, sich den Klangfarben hinzugeben, weniger auf Strukturen zu achten. Musik als Geträumtes, Erinnertes. Am 22. Januar hätte der vor drei Jahren in Paris gestorbene Dutilleux seinen 100. Geburtstag gefeiert. Marek Janowski und das Rundfunk-Sinfonieorchester erinnern an den „letzten französischen Impressionisten“ – und rahmen ihn mit seinem großen Vorgänger. Claude Debussys Fragmente aus dem für die Tänzerin Ida Rubinstein komponierten Ballett „Le Martyre de Saint Sébastien“ sind selten zu hören und hinterlassen auch im Konzerthaus erst mal nur fremdelnden Applaus. Zu ausbuchstabiert, zu wenig raffiniert – und paradoxerweise zugleich zu schön ist diese Musik. Wenig vom Schrecken eines Menschen, der doch gerade von seinen eigenen Bogenschützen hingerichtet wird, steckt in ihr.

Alle Klangschattierungen des Cellos lotet Dutilleux in seinem 1970 entstandenen Konzert aus: Kratzen, Jaulen, sirenengleiches Singen, Glissandi, Pizzicati – und das Orchester raschelt nur leise im Schlagwerk, wird streckenweise zum Stichwortgeber reduziert. In den langen kantablen Cellopassagen ist Konstanze von Gutzeit, die Solo-Cellistin des RSB, am überzeugendsten. Trotzdem: Die ihm zugedachte Rolle als Höhepunkt des Abends kann das Cellokonzert nicht ausfüllen.

Eine Lücke, in die Dutilleux’ „Métaboles“springt: fünf kurze Stücke, mal vom Holz, mal vom Blech dominiert, jedes mit einem mäandernde Motiv ausgestattet, das nach mehreren Metamorphosen völlig anders dasteht als zu Beginn – wahrlich ein musikalischer „Stoffwechsel“, von Janowski wie stet mit akkurater Präzision dirigiert, die Musiker folgen ihm mit fiebriger Hingabe. Schließlich darf es noch wogen, Debussys ikonisches „La Mer“. Bei Janowski hört es sich ziemlich rustikal an, was aber gut zum letzten Satz passt, wo der Wind hinzutritt und das Klangbild rauer wird. So endet ein eher stiller Abend doch noch im Sturm.

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