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Kultur: Das spannungsreiche englisch-deutsche Verhältnis erinnert zuweilen an eine unerwiderte Liebe

Deutsche und Briten waren sich stets sehr nahe. Gleichwohl führten sie im 20.

Deutsche und Briten waren sich stets sehr nahe. Gleichwohl führten sie im 20. Jahrhundert zwei erbitterte Kriege gegeneinander. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Deutsch-Englischen Gesellschaft haben Historiker und Journalisten diese spannungsreichen Beziehungen untersucht. Dabei wird deutlich: Das Verhältnis erinnert zuweilen an eine unerwiderte Liebe.

Das wilhelminische Deutschland war eigentümlich auf England fixiert. Es galt, die Gunst Großbritanniens zu gewinnen, das beneidet und bewundert wurde. Das Buhlen um Britannien blieb indessen ebenso vergeblich wie Wilhelms II. Sehnsucht nach der Liebe seiner englischen Mutter "Vicky", der Tochter Königin Victorias. Nur vor dem Hintergrund dieser enttäuschten Hoffnungen ist nach Mommsens Ansicht der offene Hass zu erklären, der sich bei Kriegsbeginn 1914 gegen das "perfide Albion" entlud.

Noch Adolf Hitler schwankte zwischen Hass und Bewunderung für das "germanische Brudervolk". Vielfach wird angenommen, dass er durch ein rechtzeitiges Einschreiten der westlichen Mächte von seinen aggressiven Plänen abgehalten worden wäre. In seinem Beitrag zur "Appeasement-Politik" distanziert sich Bernd Wendt von solchen Spekulationen. Er verweist darauf, dass England - nicht zuletzt, weil verlässliche Verbündete nicht in Sicht waren - eine Doppelstrategie verfolgte: Entspannung und Aufrüstung. Diese defensive Haltung bestärkte Hitler in der Hoffnung, dass England im entscheidenden Augenblick zurückweichen werde - ein Trugschluss.

Als Winston Churchill 1946 in einer vielbeachteten Rede "eine Art von Vereinigten Staaten von Europa" forderte, meinte er damit den Kontinent. Während Großbritannien vornehmlich seine überseeischen Interessen verfolgte, engagierte sich das Nachkriegs-Deutschland eifrig für die europäische Einigung. Die Bemühungen der Bundesrepublik, die Briten in das europäische Boot zu holen, erinnern an das Werben aus früheren Zeiten. Abermals blieben Enttäuschungen nicht aus. In jüngster Zeit hat jedoch laut William Paterson ein Wandel stattgefunden: Anders als noch unter Margaret Thatcher, habe sich die Regierung von Tony Blair "zu einer Politik verpflichtet, die Großbritannien näher an seine Nachbarn auf dem Kontinent heranführt".Wolfgang Mommsen (Hrsg.): Die ungleichen Partner. Deutsch-britische Beziehungen im 19. und 20. Jahrhundert. DVA, Stuttgart/München 1999. 311 Seiten. 49.80 DM.

Boris Peter

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