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Kultur: Das Team ist der Star

Antony Hermus dirigiert im Konzerthaus.

Da sitzt man an diesem zweiten Weihnachtsfeiertag im nahezu ausverkauften Konzerthaus am Gendarmenmarkt, beobachtet Antony Hermus dabei, wie er seine Anhaltische Philharmonie Dessau durch Antonin Dvoraks achte Sinfonie leitet – und denkt sich: An wen erinnert mich dieser 38-jährige holländische Dirigent bloß? Ja, richtig: an Jürgen Klopp!

Wie der Fußballtrainer ist auch Antony Hermus ein Wir-Typ, ein Teamgeist-Prediger, genrebedingt nur eben nicht mit Worten, sondern mit Gesten. Energetisch wie bei einem Motivationscoach wirken seine Bewegungen, ermunternd, zielführend. Und tatsächlich vermag er mit dieser Taktik ein Maximum an Engagement aus seinem Team herauszuholen. Ein saftiger, enorm farbenreicher Sound ist da am Montag zu hören, ein äußerst lebendiges, plastisches Musizieren, sehr direkt und opernhaft.

Mächtig kann die Anhaltische Philharmonie auftrumpfen, wo es der vaterländische Furor in Smetanas „Aus Böhmens Hain und Flur“ verlangt. Ebenso aber gelingen immer wieder auch innige, beseelte Momente, beispielsweise im Finalsatz der Dvorak-Sinfonie beim Thema der Celli. Überhaupt bleiben bei dieser festlich erstrahlenden Achten keine Wünsche offen. Im Fall von Smetanas Tondichtung dagegen hätten die Streicher noch an einigen heiklen Stellen feilen können.

Unprätentiös spielt Ragna Schirmer Mozarts A-Dur Klavierkonzert KV 488, ganz ohne Virtuosenzauber. Den stärksten Eindruck hinterlässt so die Pizzicato- Passage am Ende des Adagios, bei der die Solistin nur noch einzelne Töne anschlägt – und dabei wirkt wie eine einsame Wanderin in winterlichem Land.

Jürgen Klopp, der Trainer, ist mit dem FSV Mainz bekannt geworden und mit Borussia Dortmund berühmt. Antony Hermus startete seine Karriere am Stadttheater Hagen und arbeitet sich seit 2009 nun mit den Dessauern in der deutschen Bühnenliga hoch. Wie Klopp hat auch der heitere Holländer einen leicht clownesken Einschlag, ebenso wie er verweigert sich der Maestro dem üblichen Dresscode, steigt im Konzerthaus in kurzer schwarzer Kutte aufs Podium. Rundum sympathisch. Frederik Hanssen

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