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Kultur: Das Trauma Stasi

PANORAMA „Jeder schweigt ...“

Reden oder Schweigen, das ist die Frage. Der Regisseur Thomas Heise zum Beispiel hat 2005 für den Dokumentarfilm „Mein Bruder. We’ll Meet Again“ seinen Bruder in Südfrankreich besucht. Er lebt dort mit dem Freund zusammen, der die Familie Heise einst für die Stasi bespitzelte. Doch der Bruder mag nicht darüber reden, und der Freund auch nicht. Geständnisse, Entschuldigungen, Sühne – Heise fordert es ein. Der Bruder braucht’s nicht zum Weiterleben.

Reden oder Nichtredenkönnen, das ist auch das Thema von Marc Bauders und Dörte Frankes Dokumentarfilm „Jeder schweigt von etwas anderem“. Dreimal Leben, dreimal Schweigen. Drei Familien, die mit der Vergangenheit kämpfen, und damit, was sie davon erzählen sollen. Als junge Leute von der Stasi verhaftet, später vom Westen freigekauft, längst eingerichtet im neuen Leben und nicht gefasst darauf, dass mit dem Mauerfall die alten Fragen wieder kommen. Fragen nach Schuld und Sühne, nach Wiedergutmachung und Gerechtigkeit. Und danach, wie man weitergibt, was man erlebte. Vor allem, wenn die nächste Generation, die eigenen Kinder, es nicht mehr hören will. Über den Nationalsozialismus und die eigenen Verstrickungen berichten die letzten Zeitzeugen derzeit vermehrt. Wahrscheinlich muss erst eine Enkelgeneration heranwachsen, bis auch die DDR so aufgearbeitet wird.

Da ist der Pfarrer Matthias, der irgendwann erfuhr, dass ihn sein eigener Vater an die Stasi verraten hat. Der starb, bevor er drüber reden konnte. Die Kinder von Matthias wiederum wollen nichts mehr hören von den Eltern, die wieder und immer wieder über die DDR streiten, und über das Schicksal der damals Verantwortlichen. Utz erzählt Schulkindern von seiner Verhaftung und den Verhören durch die Stasi. Die eigenen Töchter wagen nicht, ihn danach zu fragen. Und Anne führt Interessierte durchs ehemalige Stasigefängnis Hohenschönhausen. Ihren Sohn, der ihr mit eineinhalb Jahren entzogen wurde und der bei seinen Großeltern aufwuchs, kennt sie bis heute nicht richtig. Man umkreist sich vorsichtig, und kommt sich nicht näher. Drei Leben, dreimal Schweigen. Jedes wäre einen eigenen Film wert gewesen.

Heute 20 Uhr, 16. 2., 17 Uhr, 17.2., 14.30 Uhr (jeweils Cinestar 7)

Christina Tilmann

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