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Kultur: Das weltberühmte Balletthaus kämpft um sein Überleben

Russische Medien übergingen den Hilferuf weitgehend mit Schweigen. Die Sache ist auch peinlich genug.

Russische Medien übergingen den Hilferuf weitgehend mit Schweigen. Die Sache ist auch peinlich genug. Am Donnerstag rief der Direktor des weltberühmten Bolschoi-Theaters in Moskau, Wladimir Wasiljew, die Kulturschaffenden in aller Welt auf, sein Haus finanziell zu unterstützen. Eine Aktion, die sogar in der an spektakulären Auftritten reichen internationalen Theatergeschichte bisher einmalig ist, wie Wassiljew selbst einräumt. Doch ihn und seine Truppe trieb offenbar die nackte Verzweiflung.

Schon 1993 vereinbarten die Theaterleitung, das russische Kultusministerium und die Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur der UNESCO eine umfassende Sanierung und Modernisierung des Theaters, das 1776 per Dekret von der russischen Zarin Katharina II. gegründet wurde. Geplant ist außerdem, das ursprüngliche Aussehen des Gebäudes aus dem Jahre 1825 wieder herzustellen. Damals wurde das Holzhaus erstmalig durch ein gemauertes Theater ersetzt. Die Kosten dafür dürften nach Schätzung einer Expertenkonmission etwa 400 Millionen Mark verschlingen. Russland hatte zugesagt, einen Teil der Mittel aus dem Staatshaushalt zu finanzieren. Doch in Moskaus Kassen herrscht Ebbe. Im Mai 1990 hatte sich daher ein Lenkungsausschuss konstituiert, der weltweit auf die Probleme des Hauses aufmerksam macht und für Spenden wirbt. Angesichts der Finanzmisere öffnete das Bolschoi zum Millenniumswechsel sogar die Türen des altehrwürdigen Hauses für einen Ball mit Kulturprogramm und Galadiner. Eintrittskarten gingen für bis zu 1500 Dollar über den Tisch.

In dem Hilferuf bittet Bolschoi-Direktor Wassiljew Theater, Kinos und Kulturzentren anlässlich des 223. Geburtstags des Bolschoi am 28. März einen Teil ihrer Tageseinnahmen auf UNESCO-Sonderkonten zu überweisen. Angesichts immer neuer Horrormeldungen über Krieg und Konflikte, die den Tod vieler unschuldiger Menschen verursachen, seien sich die Unterzeichner sehr wohl bewusst, dass man sie für "Utopisten und Phantasten" halten könne. "Dennoch appelliere ich gerade in dieser für Russland komplizierten Zeit an das Gewissen aller Kameraden dieses Berufs, deren heilige Aufgabe der Dienst am Guten und an der Schönheit sowie die Liebe und Pflege der Tradition unserer Vorgänger weltweit ist", heißt es in dem Aufruf.

Das Elend des Bolschoi-Theaters ist kein Einzelfall. Im Herbst berichtete das russische Fernsehen, dass bei einer Großbritannien-Tournee des staatlichen russischen Sinfonieorchesters die Künstler in einem Fast-Food-Restaurant abgefüttert wurden und schichtweise in einer Billigabsteige schliefen. Mitleidige Musikfans organisierten daraufhin eine Unterbringung in britischen Familien.Spenden in Euro an: UNESCO-account Nr. 30003-03301-00037291909-07, Société générale Paris, St. Dominique 106, rue St. Dominique, 75007 Paris, France, SWIFT-code: SOGEFRPPAFS.

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