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Nackte Tatsachen. „Dau.Natasha“ wird Pornografie vorgeworfen.

© Phenomen Film

DAU-Film auf der Berlinale: Wieder Spektakel um „Dau“ - Berlinale-Film in Russland verboten

In Berlin scheiterte Regisseur Ilya Khrzhanovsky mit seinem DAU-Projekt. Nun läuft einer seiner "Dau"-Filme auf der Berlinale. In Russland ist er verboten.

Im Wettbewerb der Berlinale bewirbt sich in diesem Jahr auch der Film „Dau.Natasha“ um den Goldenen Bären. In Russland dagegen darf das Werk des Regisseurs Ilya Khrzhanovsky nicht gezeigt werden. Eine Kommission des russischen Kulturministeriums hat im vergangenen November die Freigabe für den Verleih verweigert, was einem Aufführungsverbot gleichkommt und die Frage nach Zensur in Russland wieder auf die Tagesordnung bringt.

Dem Künstler wird die „Propagierung von Pornografie“ vorgeworfen – ein Straftatbestand, auf den bis zu zwei Jahre Haft stehen. In dem Film gibt es eine Szene, in der eine Frau mit einer Flasche vergewaltigt wird.

Zehn Filme in zehn Jahren

Der „Dau“-Zyklus besteht aus zehn Filmen, an denen Khrzhanovsky mehr als zehn Jahre lang gearbeitet hat. Vier von ihnen sind in Russland verboten worden. Erzählt wird die Lebensgeschichte des sowjetischen Physik-Nobelpreisträgers Lew Landau nach Motiven aus den Memoiren seiner Witwe.

Doch Khrzhanovsky geht weit darüber hinaus. Mehr als 400 Personen waren an den Dreharbeiten beteiligt, einige von ihnen mussten monatelang von der realen Welt abgeschnitten unter „sowjetischen Bedingungen“ am Set leben.

Khrzhanovsky hatte ursprünglich vor, das „Dau“-Projekt vor gut anderthalb Jahren im Zentrum Berlins zu realisieren. Hier wollten die Veranstalter zwischen Staatsoper, Spree und Auswärtigem Amt ein ganzes Stadtviertel für Künstler und Performances absperren, was an die Situation zu Zeiten der Berliner Mauer erinnern sollte.

In Berlin wollte er Teile des Stadtzentrums sperren

Dafür gab es keine behördliche Genehmigung. Filmausschnitte liefen 2019 in zwei Theatern in Paris – mit verhaltenem Echo. Jetzt also die Einladung zur Berlinale und das Verbot in Russland. Dort ist auch „DAU. Degeneratsia“, eine Kompilation aus dem Gesamtwerk, vom Verleih ausgeschlossen, die im Programm „Berlinale Special“ läuft.

Der Filmemacher wandte sich Anfang Dezember in einem Brief an den damaligen Kulturminister Wladimir Medinski, in dem er die Entscheidung der russischen Behörde als „zutiefst ungerecht“ beklagte. Es sei nicht hinnehmbar, dass ihn eine Kommission kriminalisiere. Seine Filme enthielten „explizite“ Szenen, gab er zu. Doch mit einer Altersbeschränkung sei das Problem aus der Welt.

Medinski ist inzwischen bei der Umbildung der russischen Regierung auf der Strecke geblieben. Seine Nachfolgerin Olga Ljubimowa kommt aus der Filmbranche. Sie saß offenbar auch in der Kommission, die das Verbot ausgesprochen hat.

Bis ein Gericht entscheidet, kann es Jahre dauern

Deren Zusammensetzung ist öffentlich nicht bekannt, doch Ljubimowa berichtete in den Medien von Gesprächen mit dem Künstler. Der habe sich uneinsichtig gezeigt und mochte keine der geforderten Schnitte an seinen Filmen zulassen. Nach dem Führungswechsel im Ministerium hieß es, die Entscheidung über „Dau“ stehe weiter. Der Künstler solle doch das Ministerium verklagen.

Das hat Khrzhanovsky auch vor. Aber bis ein Gericht eine Entscheidung fällt, kann es Jahre dauern. Der Regisseur könne Gutachten vorlegen, erklärte Oleg Beresin, Generaldirektor der Produktionsfirma „Newafilm“, in der Zeitung „Kommersant“.

Gegen Serebrennikov wird seit drei Jahren verhandelt

„Doch dann wird auch die andere Seite ein Gutachten vorlegen. Dann sitzt da der arme Richter, liest zwei einander ausschließende Schlussfolgerungen – und bestellt ein drittes Gutachten.“

Etwa so wie gerade in dem Fall des Regisseurs Kirill Serebrennikov. Gegen den wird seit fast drei Jahren in Moskau wegen angeblichen Subventionsbetrugs verhandelt. Nach zwei Gutachten war Serebrennikov faktisch schon freigesprochen worden.

Doch das Verfahren wird auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft fortgesetzt. Derzeit lässt eine andere Kammer des Moskauer Stadtgerichtes ein drittes Gutachten erstellen, das Mitte Februar fertig sein soll.

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