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Das große Schweigen. Dela Dabulamanzi und Theo Plakoudakis in „Mais in Deutschland und anderen Galaxien“.

© Ute Langkafel/Ballhaus Naunynstraße

DDR-Familientheater: Mutter, ich schieß’ dich auf den Mond

„Mais in Deutschland und anderen Galaxien“; ein DDR-Familiendrama im Ballhaus Naunynstraße

Susanne ist Punk in der DDR. Sie lehnt sich auf gegen die Enge des Systems, hat Ärger mit der Stasi, zeugt einen Sohn mit George aus Angola, weil sie hofft, ihm hinterherreisen zu dürfen. Aber daraus wird nichts. Zurück bleibt das Kind Noah, das Susanne in ihr verkorkstes Leben aus Suff und Rebellion nicht integriert bekommt. Als der Junge mit sieben vom Baum fällt und sich den Kopf blutig schlägt, ruft die Mutter nur: „Noah, scheiße, bist du bescheuert“. Eine lieblose, hilflose Beziehung, und das bleibt auch so, während Noah zu einem phlegmatischen Erwachsenen heranwächst, der Comics zeichnet, in denen er darüber fantasiert, seine Mutter auf den Mond zu schießen.

„Mais in Deutschland und anderen Galaxien“ hießt das Stück der Autorin Olivia Wenzel, das Regisseur Atif Mohammed Nor Hussein jetzt am Ballhaus Naunynstraße uraufgeführt hat. Wenzel, 1985 in Weimar geboren, erzählt kein Drama über die DDR. Obwohl der Anpassungsdruck manchen Psychoknacks bedingt, und Susanne ihrem Sohn irgendwann einen Karton voll Stasi-Akten schickt, damit er sie endlich kennenlernen kann. Es ist auch kein Stück über Rassismus und Ausgrenzung, obwohl Noah von einem Freund „Schokohase“ genannt und von Neonazis verprügelt wird. Aber das schildert Wenzel nur mit achselzuckender Beiläufigkeit, als traurigen Alltag. Nein, „Mais in Deutschland und anderen Galaxien“ erzählt im Wesen von der unüberbrückbaren Entfernung zwischen Menschen. Die Stärke des Textes – hervorgegangen aus einer Literaturwerkstatt von Ballhaus Naunynstraße und Gorki Theater – liegt in der sprachgewaltigen Pointiertheit, mit der er durch die Stationen eines Lebens zappt, von der Kindheit bis ins Alter. Schlaglichtartig, sprunghaft und mit surrealen Einsprengseln.

Regisseur Hussein übersetzt den Text mit schlanker Fantasie auf die Bühne von Petra Korink, die ein raumkapselartiges Zelt in den leeren Raum gestellt hat, auf das Familienfotos projiziert werden. Und das schließlich in den Andromedanebel abhebt. In der Welt findet Noahin verschiedenen Lebensabschnitten als mal Suchender, mal Wütender von Toks Körner, Dela Dabulamanzi und Asad Schwarz-Msesilamba verkörpert, seinen Platz nicht.

Wieder vom 21. bis 25. Februar

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